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Theater im Blog oder: Wie werde ich glücklich?

In der aktuellen Wochenendausgabe einer meiner Lieblingszeitungen, der Süddeutschen Zeitung nämlich, findet sich ein Artikel mit dem Titel „Kunst oder Leben! – Theater im Blog oder Wie werde ich glücklich?“. Geschrieben hat ihn der Regisseur, Autor und Journalist Rainer Stephan. So weit, so interessant. Ich lese also – und stocke. Lese noch einmal. Denn wer kommt darin vor? Die Coralita. Ich lese weiter – und staune. Vielleicht werde ich sogar ein bisschen rot, wie gut, dass das niemand sieht. Herr Stephan nimmt tatsächlich Bezug auf meinen Blog! Er macht sich das fehlende Interesse am Kulturellen im Allgemeinen – und hier im Speziellen des Theaters – in der Bloggerlandschaft zum Thema. So schreibt er unter anderem:

Über alles, was Menschen aus welchem Grund auch immer interessiert, wird im Internet geredet. Der Umkehrschluss daraus hieße: Worüber in den mittlerweile zahllosen Internet-Blogs nicht geredet wird, interessiert auch keinen Menschen. Das Theater zum Beispiel: Es gibt kaum ein Thema auf der Welt, das in den virtuellen Meinungsaustauschbörsen derart selten auftaucht.

Anschließend kommt er darauf zu sprechen, dass im Grunde niemand mehr Blogeinträge zum Thema Theater zu „würdigen“ weiß und diese ob des Desinteresses unbeachtet – und unkommentiert – lässt. Als Beispiel führt er meine Theaterrezension zum Henrik-Ibsen-Stück Hedda Gabler an. (Über diesen Aspekt hatte ich mir selbst bereits zu anderer Zeit und andernorts Gedanken gemacht. Es ist nicht nur das Theater an sich, sondern es sind auch andere Arten der „älteren Zerstreuung“, die bei den Menschen – damit sind insbesondere die jüngeren gemeint – immer weniger auf Interesse stoßen: Lesen zum Beispiel oder klassische Musik.

Danke, Coralita! Ohne dich wäre das Theater mittlerweile mausetot. Seine Überlebensprognose sieht dennoch ziemlich finster aus.

Ich bin ergriffen, stolz und ein bisschen peinlich berührt sogar. Aber die Freude siegt letztlich, ich bin dankbar.
Nur den von Herrn Stephan angefügten Link zu meinem (alten) Blog gibt es nicht mehr. Wer die Rezension zu Hedda Gabler lesen möchte, kann das jetzt HIER tun. Und wer den vollständigen Artikel von Rainer Stephan unter die Lupe nehmen möchte, klickt bitte auf den Screenshot hier:

Süddeutsche Zeitung vom 20./21. Oktober. Teil: WOCHENENDE, Seite 2

Wenn Dir der Atem stockt…

Vor circa zwei Wochen war ich mit einem Freund im Friedrichstadtpalast. Wir haben uns die – inzwischen leider beendete – Show GLANZLICHTER angeschaut.

Die Reise beginnt in Berlin, weiter geht es zum Broadway ins New York der 20-er Jahre, und im Anschluss findet man sich in Paris wieder und erlebt eine große Revue hautnah mit.

Das jeweils Unverwechselbare, Sehenswerte und Typische der drei tosenden Metropolen wird in Verbindung mit einem grandiosen Farb-, Licht- und Klangspektakel dargestellt, und die drei Städte verschmelzen beinahe „nahtlos“ miteinander und ineinander. Dabei wurde keinesfalls auf eine großzügige und üppige Ausstattung verzichtet… „Pompös“ wäre wohl ein bezeichnendes Wort für die Show.

Jede einzelne der Inszenierungen und jedes Element für sich waren einzigartig anzusehen und haben mich schwer bewegt. Eine grandiose Trapeznummer mit einer attraktiven Aktobatin ließ mich konzentriert und verträumt zugleich sein, zu Tränen gerührt war ich bei dem Lied Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin…, 50 Paar synchron steppende Füße und die typische „Girlreihe“ haben mich staunen lassen, und der Atem stockte mir beim Todesrad.

Im Garten des Exils und im Garten Berlins

Bereits seit geraumer Zeit hatte ich mir vorgenommen, dem Jüdischen Museum in Kreuzberg einen Besuch abzustatten. Ich habe mir sowohl die Dauer- als auch die Sonderausstellung angeschaut und mir dafür etwa drei Stunden Zeit genommen.

Von einigen Dingen – neben all den schrecklichen Fakten, die man hier zu lesen und furchtbaren individuellen Geschichten, die man zu sehen bekommt – haben mich vor allem einige architektonische Anlagen im Libeskind-Bau beeindruckt.
Folgendes Bild zeigt ein paar Stahlplatten in 2D-Gesichtsform aus den so genannten „Voids“, die das Verlorene symbolisieren sollen.

Sie haben mich besonders beeindruckt. Meiner Meinung nach drücken sie einfach „alles“ aus. Man konnte über sie hinweggehen… im wahrsten Sinne des Wortes auf sie treten. Die Geräusche, die dabei entstehen, sind unbeschreiblich. Doch im Grunde ist es, als würde man nach der Trauer irgendwo am Horizont eine seichte Melodie der Hoffnung vernehmen… Dies würde dann allerdings bedeuten, dass hier nicht nur das Verlorene, sondern auch eine ferne Hoffnung dargestellt wird…

Weiterhin gab es im Jüdischen Museum (genauer: im Libeskind-Bau) eine Art Garten zu sehen, der architektonisch so „ungerade“ konstruiert war, dass jedem, der hindurchgeht, tatsächlich schwindelig wird. Ich habe versucht, mich an irgendetwas Gradem zu orientieren, mich gewissermaßen irgendwo festzuhalten, doch es ist mir nicht gelungen. Die Anlage ist um ganze zwölf Grad geneigt, gerade so viel, wie es bedarf, um die sinnliche Wahrnehmung zu täuschen… Das einzig Rechtwinklige war schlicht die quadratische Form der Anlage. Ihr Name: Garten des Exils – nichts für schwache Gemüter. Auf den Seiten des Jüdischen Museums kann man folgendes darüber lesen: „Diese räumliche Erfahrung soll auf das Gefühl von Haltlosigkeit und die mangelnde Orientierung verweisen, welche Emigranten empfanden, die aus Deutschland vertrieben wurden. Aus den Stelen wachsen Ölweiden, die Hoffnung symbolisieren.“

Wer an Klaustrophobie leidet, sollte sich nicht den Holocaust-Turm anschauen, ein etwa 15 Meter hoher Raum, dunkel, mit nur einer schmalen Lichtsäule, die sich dem Himmel entgegenreckt. Es wirkt, als würde sie zu fliehen versuchen …

Im Anschluss war ich mit einem guten Freund am Urbankrankenhaus am Landwehrkanal verabredet. Wir haben im Rasen gelegen, geredet und die Schwäne beobachtet, die von Kindern gefüttert wurden. Ab und zu fuhr ein Rundfahrtschiff vorbei.
Sogar ein Schiff mit Musikanten darauf – ich habe es „Musikkutter“ genannt – zog an uns vorüber, als wir auf einem Schiffscafé saßen.

Am Abend waren wir noch auf einem Konzert im Englischen Garten in Tiergarten, von dem wir vorher gehört hatten. Dort spielte eine African Trance Percussion-Band mit Namen „Senegambigha“. Ein schönes Konzert mit starken Rhythmen. Die Künstler – daraus setzt sich der Name der Band zusammen – stammen aus Senegal, Gambia und Ghana.