Komm‘ mit mir, sagte das Mädchen

In der Nacht saß die junge Frau im Schneidersitz auf ihrem Bett und weinte, den Kopf in ihren zarten Händen geborgen, wilde Tränen der Verzweiflung. Atemlos löste ein Schluchzer den anderen ab – das Herz erfüllt von Schmerz und tiefer Trauer. Eine Decke umhüllte ihren nackten, gebrochenen Körper, der soviel schon erfahren hatte und der ihr jetzt so sehr schmerzte – ihr Körper, der sich ruhelos vor und zurück bewegte, die Schultern verkrampft, der Rücken gebeugt. Doch der physische Schmerz war eine milde Gnade gegenüber den Schmerzen in ihrem Herzen. Ihre Seele brannte bis aufs Mark.Seit Stunden saß sie so da, schluchzte um ihre Vergangenheit, trauerte um die Zukunft, die sie nie haben würde und hasste angsterfüllt und schweigend die Gegenwart, in der nur die nagende Einsamkeit lauerte. Niemand hörte ihre Hilferufe.

Ein leises Rascheln mischte sich in die Stille der Nacht. Die junge Frau schaute skeptisch auf, ihre verlorenen Augen suchten nach der Quelle des Geräusches. Durch das Fenster ließ der Mond einen schmalen Lichtflur scheinen, in dem – eben noch leer – plötzlich ein wunderschönes kleines Mädchen stand. Die müden und trostlosen Augen der jungen Frau erschraken, doch die engelsgleiche Kleine näherte sich mit sanften Schritten. Eine Weile betrachtete die Eine die Andere.

„Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte das Mädchen und legte ihre kleine Hand auf die Schulter der Frau.
„Wer bist Du? Ich bin sicher, ich habe Dich schon irgendwo einmal gesehen…“, sagte die Ältere, und ihre Augen suchten fragend nach der Antwort.

Die Zartheit des kleinen Wesens berührte die junge Frau. Sie musterte die Kleine mit ihrem langen, lockigen Haar, das ihr hübsches Gesicht umrahmte. Große, kluge Augen schauten sanft und ernst tief in die ihren hinein.
„Ich bin die andere. Ich bin die, die Du einmal gewesen bist. Ich fühle, was Du fühlst, ich leide, weil Du leidest. Ich bin gekommen, um Dich zu holen. Ich habe Dich rufen gehört und bringe Dich an einen sicheren, glückverheißenden Ort.“
Fassungslos hielt sich die junge Frau die Hand vor den Mund und wich ein wenig zurück.
„Hab‘ keine Angst, komm‘ mit mir“, sagte das Mädchen und ergriff die andere Hand der Trauernden, die ihre Angst gegen einen Zustand der Beruhigung austauschte.
Sie ließ die Kleine gewähren und stand von ihrem Bett auf. Langsam näherten sie sich dem Mondstrahl, der sie für immer in die ewige Höhe mitriss.

Ein paar Tage später fand man sie, blass und friedlich auf ihrem Bett liegend. Sie war ganz ruhig eingeschlafen, und nur ein winziges, seliges Lächeln umspielte ihren Mund.

Zusammen- und Getrenntschreibung

Meine Gedanken kreisen um die deutsche Sprache. So reichhaltig, so viele Wörter und so präzise beschreibend. Eine komplexe Grammatik rundet das Bild vom Deutschen als eine der schwersten Sprachen der Welt ab. Komplex, aber verwirrend kompliziert.

Die neue deutsche Rechtschreibung soll sowohl Lesern als auch Schreibern den Umgang mit der Sprache, ein vereinfachtes und sichereres Schreiben ermöglichen. In meinem journalistischen Alltag habe ich stark mit Sprache zu tun und sitze oftmals kopfschüttelnd, bisweilen jedoch ratlos, vor dem Duden und wundere mich über Gebräuche von Schreibweisen bzw. Stilen, die ich systematisch und nach einem logischen Muster verwenden würde, die ähnlichen bzw. denselben Strukturen folgen und dennoch unterschiedlich geschrieben werden.

Ganz schlimm verhält es sich mit der Zusammen- und Getrenntschreibung. Warum schreibt man beispielsweise kennenlernen zusammen und stehen lassen auseinander? Im Duden steht: „Die Grundregel, nach der zwei Verben getrennt geschrieben werden, ist so eindeutig und einfach, dass wir ihre Anwendung auch bei übertragenem Gebrauch empfehlen. Eine Ausnahme bildet ‚kennenlernen’.“

Ich verstehe das nicht. Warum folgt man hier nicht gleichen Mustern? Warum besteht diese Ausnahme trotz klar definierter Logik?

Der Schatten des Windes

Von meinem Liebsten habe ich kürzlich das Buch „Der Schatten des Windes“ geschenkt bekommen. Ich habe es noch nicht durchgelesen, habe noch nicht einmal die Hälfte der Seiten hinter mich gebracht. Dennoch weiß ich schon jetzt, dass es eines meiner absoluten Lieblingsbücher sein wird.

Zum Inhalt:
Der kleine Daniel findet in einer alten Buchhandlung (der „Friedhof der vergessenen Bücher“ genannt) das Buch „Der Schatten des Windes“, liest es und ist hellauf begeistert. Die Geschichte reißt ihn mit, er möchte mehr über den Menschen erfahren, der sie verfasst hat… Es gibt scheinbar nirgends Informationen über ihn. Von einem alten Buchhändler erfährt Daniel schließlich, dass alle Bücher des ominösen Schriftstellers, Julián Carax, der spurlos von der Bildfläche verscheunden ist, verbrannt wurden und das Exemplar, das im Besitz des Jungen ist, das einzige seiner Art ist…

Eine ausführliche Rezension, die mich mit Spannung erwarten lässt, was ich bereits jetzt vermute, findet sich auf den Seiten von Dieter Wunderlich.
Er beschreibt, dass sich am Ende die Geschichten von Daniel und Julián schicksalhaft zusammenzufügen scheinen…

Das Buch ist nicht etwa, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte, ein Fantasy-Roman, sondern erzählt eine realistische Geschichte.
Ich bin gespannt und empfehle das Buch schon jetzt!

Mein Leben mit Söhnen