Menschen im Großraumbüro

Für viele ist das Büro der Ort, an dem sie die meiste Zeit ihres Tages verbringen. Oft geht es hier ganz lauschig, doch bisweilen auch sehr ungemütlich zu. In einem Redaktionsbüro arbeiten die unterschiedlichsten Charaktere. Auf grausame Weise sind sie in einem einzigen Raum zusammengepfercht und sind gezwungen, das Beste daraus zu machen.

In einem solchen Büro kann man werktäglich seltsame Begebenheiten beobachten. Es entwickeln sich dann und wann – zum Teil sehr brisante – Diskussionen zu den Themen Politik, Wirtschaft oder Fußball. Oft hört man die Frage „Was meinst Du denn dazu?“ und wünscht sich sogleich, die bezaubernde Jeannie zu sein und durch ein simples Augenzwinkern von der Bildfläche zu verschwinden – jedoch nicht unbedingt in einer engen Flasche, sondern vielleicht in Costa Rica.

Es gibt die verschiedenen Typen von Kollegen. Der Kollege des Typs 1* macht eine wahre Zeremonie daraus, sich auf seine Arbeit vorzubereiten. Zunächst einmal legt er sich seinen Bleistift und seinen Kugelschreiber griffbereit. Auch der Memoblock wird gerade gerückt und so positioniert, dass der Mitarbeiter jederzeit schnell darauf zurückgreifen kann. Dann erst schaltet er seinen Rechner an. Manchmal vertippt er sich bei der Eingabe seines Passwortes, und ein Signalton verrät ihn. Dann versucht er es erneut. Bisher hat er noch keine drei Versuche gebraucht.

Der Kollege des Typs 1, der dafür bekannt ist, jedes Wort auf die goldene Waagschale zu legen, ist der von allen am besten organisierte. Betritt er den Raum, hat er meist einen Stapel Kopien in der Hand, denen er sich gleich widmen wird. Niemand weiß, was auf ihnen steht, nie hat sie jemand aus der Nähe zu Gesicht bekommen. Nach dem Lesen werden sie geordnet, gelocht und abgeheftet. Ohne Ordnung keine Struktur (oder andersherum) – das ist seine Devise.

Kommt es zu einer der oben genannten Diskussionen, hält sich unser vorbildlicher Kollege meist raus oder antwortet äußerst  diplomatisch, ohne jemandem zu schaden. Zu gefährlich erscheint es ihm, Stellung zu beziehen. Vielleicht ist er ja aber auch einfach nur schüchtern oder hat Angst vor den Konsequenzen seiner wahren Meinung. Er macht es jedoch richtig, denn auf schweigsame Weise läuft er nur selten Gefahr, eins auf den Deckel zu bekommen.

* Hinweis: Natürlich sind alle Kollegen in meiner kleinen Geschichte allesamt frei erfunden…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert