Herzbrüder: Sie lieben und sie streiten sich

Kennt ihr das auch? Eure Kinder streiten sich, bis sich gefühlt die Balken biegen und ihr am liebsten völlig entnervt losschreien würdet, um dem Spuk ein Ende zu bereiten? Ich kann davon ein lautes Liedchen singen – und stecke nach bald zehn Jahren des Mamaseins noch immer mitten in einem fortwährenden Lernprozess: Wann soll ich während der Zwistigkeiten einschreiten – und wann besser nicht? Ganz ohne Streit geht es bei Geschwistern jedenfalls nicht – und das hat auch gute Gründe.

Nicht nur Mama und Papa: Auch Geschwister prägen uns

Ich meine, es ist doch so: Unsere Familie schenkt uns Liebe und Wärme und – wenn wir Glück haben – ein hohes Maß an Geborgenheit. Nicht nur Mama und Papa prägen uns dabei. Geschwister-Beziehungen sind für Psychologen ein besonders spannendes Thema. Und nicht nur für die, denn keine Beziehung ist meiner Meinung nach so stark von „Hassliebe“ geprägt wie die zwischen Brüdern und Schwestern (dabei bitte alle möglichen Geschlechterkombinationen ausmalen, der Richtigkeit halber). Und keine bietet komplexere Entwicklungsmöglichkeiten als sie.

Sie lieben sich – und sie streiten sich

Meine beiden Knirpse (neuneinhalb und sechseinhalb Jahre alt) treten manchmal wie totale Seelenverwandte auf: Stundenlang sind die beiden August-Kinder regelrecht in ein enges Zusammenspiel versunken, sie kennen sich gegenseitig besser als ihre besten Freunde, herzen und umschmeicheln sich, verteidigen sich gegenseitig vor „Feinden“ jeder Art – ob im Spiel oder in echt. Die beiden trennen fast genau drei Jahre, und ihre Bindung kann so innig sein, dass mein Herz vor Liebe überschäumt.

Mit den Nerven am Ende …

Und dann wieder streiten die Jungs – bis an den Rand ihrer und meiner Nervenkraft. Vor allem dann, wenn ich selbst müde, an- oder niedergeschlagen bin, fällt es mir sehr schwer, hier die Ruhe zu bewahren. Wie ich es trotzdem meist schaffe? Keine Ahnung, haha.

Aber mal im Ernst: Im Laufe der Zeit habe ich mir so einige Methoden erarbeitet, mit denen Hilfe ein Waffenstillstand – mehr oder weniger mühelos – gelingen kann. Manchmal schaffe ich es mit meinem „Brüll-Ausruf“: „Ich will nach Hause!!!“ Schweigen. Kind (Nummer 1 oder Nummer 2 oder beide gleichzeitig): „Mama, Du bist doch schon zu Hause!“ – Ich: „Ach so. Mist!“ Dann lachen wir – und kommen etwas weniger aufgebracht ins Gespräch. Ganz so leicht ist es natürlich nicht immer.

Der Streit hat auch seine gute Seiten

Erst einmal sei Folgendes gesagt: Neben allem, was uns dabei stresst und so richtig fertig machen kann, haben die Geschwister-Streitereien im Alltag auch ihre guten Seiten. Ja wirklich, denn Geschwister lernen dabei erstmals in ihrem Leben, sich zu erklären, durchzusetzen, zu behaupten, klar(er) zu kommunizieren, kleinere und auch mal etwas größere Konflikte zu „verhandeln“, sich in den Bruder hineinzufühlen, sich in ihn hineinzudenken. Ich glaube ganz fest daran, dass sich das später einmal noch positiver auf ihr Sozialverhalten auswirken wird.

Bitte vergleicht eure Kids nicht miteinander

Erstmal muss ich euch ein bisschen desillusionieren: Keine Streitereien wird es aus oben genannten Gründen nicht geben. Echt nicht. Da könnt ihr euch auf den Kopf stellen (und mit dem Hintern Fliegen fangen) … Es gibt aber in meinen Augen „zu viele und zu starke“ Konflikte, und hier solltest du wahrscheinlich einschreiten. Was also tue ich, wenn es so „richtig, richtig schlimm“ wird? Da möchte ich gern etwas weiter ausholen und meine Erfahrung schildern:

Ich habe zwei Schwestern, eine ältere und eine jüngere. Und bereits in sehr jungen Jahren hatte ich mir geschworen: Sollte ich selbst einmal Kinder haben, werde ich versuchen, sie nicht miteinander zu vergleichen. (Liebe Mama: Ich weiß, wir Eltern machen viele Fehler. Dies hier ist kein Vorwurf; meine Jungs werden mir genug vorzuwerfen haben. Tausend Küsse und mein liebe- und respektvoller Dank sei an dieser Stelle an Dich als Mama dreier Kinder gerichtet! Ich liebe Dich und danke Dir, dass Du so wenig Fehler gemacht hast. 🙂

Brüder als konkurrierende Rivalen

Dass wir unsere Kinder nieee miteinander vergleichen, ist natürlich unrealistisch und zudem noch Utopie; zumindest tun wir das doch in unseren Gedanken oder unter uns Eltern. Aber wir sollten es, finde ich, nicht „im Außen“ tun. Warum eigentlich nicht? Ich bin davon überzeugt, dass vor allem bei geringem Altersabstand Kinder – je mehr man auf dieser Vergleichsschiene fährt – immer stärker miteinander konkurrieren. Um Spielzeug, Zuneigung, Nahrung. Und sich daraus eventuell eine Art Geschwisterhass entwickeln kann …

Streitereien haben immer einen Grund

Diese „Eifersucht“ aber ist nur einer der Gründe, wegen derer Kinder sich ständig und überall zoffen. Denn auch, wenn wir Eltern es nicht wahrhaben wollen: Streitereien haben Gründe. Und zwar immer. Und die sollten wir wachen Auges hinterfragen. (Langeweile? Fehlende Aufmerksamkeit? Schwierigkeiten in KiTa oder Schule? Starke Veränderung im Leben? Und was ist mit mir? Bin ich, ihre Mama, vielleicht zurzeit besonders gestresst?)

Nicht immer gleich einschreiten

Meist mische ich mich gar nicht erst in die Auseinandersetzungen zwischen meinen Söhnen ein; ich lasse sie lieber erst einmal machen – und frage gegebenenfalls, ob sie meine Hilfe benötigen. Manchmal überlegen wir zusammen, ob wir eine Lösung finden können. Ich stelle Fragen wie: „Was genau ärgert Dich?“ oder „Wie könnt ihr das Problem lösen? Habt ihr eine Idee?“ Aber gleich und „einfach so“ einmischen? Never, denn am Ende sind die Kerlchen nicht nur auf sich, sondern auch noch auf mich sauer – und dann beginnt das berühmte Rad zu rollen. 😉

Zwistigkeiten nicht persönlich nehmen!

Mal klappt es und mal klappt es nicht mit dem „schonenende Auflösen“ von Zankereien. Das zu lernen ist ein Prozess, der eben dauert – und dabei ganz klar anstrengend für alle ist. Aber, lieber Papa und liebe Mama dort draußen: Nimm es nicht (zu) persönlich. Und auch, wenn es oft so aussieht, als ob nur Deine Kinder so harsch miteinander sind: So ist es definitiv nicht. Denn wie heißt es noch gleich? „Streit kommt in den besten Familien vor.“ Und nicht nur in denen, sondern in wirklich allen.

Mein Leben als Blondine

Als ich vier Jahre alt war, hatte ich tolle goldblonde Locken. Dafür erhielt ich viel Anerkennung, vor allem von anderen Mamas und den Tanten im Kindergarten. Im Laufe der Jahre änderte sich meine Haarfarbe von Dunkelblond über Hellbraun zu Mittelbrünett. Die Locken blieben – immer noch von vielen Menschen bewundert. Aber der „Rauschgoldengel“ war Geschichte.

Wer bin ich? Such mich! 1984 (!) im Kindergarten

Jetzt bin ich 43 und seit einem Jahr wieder Blond. Warum? Es war an der Zeit, etwas „Neues“ auszuprobieren. Fast mein gesamtes Leben lang war ich ja dunkelhaarig gewesen und hatte einfach Lust auf etwas Anderes. (Außerdem befinde ich mich volles Rohr in der Midlife-Crisis, aber das steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben und tut hier nicht so richtig viel zur Sache …)

Ich sah, las und hörte immer wieder, dass Männer „auf Blond stehen“. Und zwar sollen das „die meisten“ sein. Blondinen bevorzugt: Angefangen hat das mit dem angeblichen „Ideal“ von der Haarfarbe einer Frau aber wohl schon lange vor der süßen Marilyn und der heißen Pamela. Lange vor der Zeit der „künstlichen Blondinen“, wie ich jetzt eine bin.

Ich mag mein Haar, auch jetzt in Goldblond. Ich finde, die Farbe steht mir und erhalte fast nur positive Resonanz – die allerdings immer lautet: „Dir steht aber beides – hell und dunkel.“ Aber welche Haarfarbe war beziehungsweise ist nun „besser“? Auf diese Frage bekam ich durchweg ein Achselzucken als Antwort.

Woher kommt nun also dieses Klischee von der „ultimativen“ Blondine? Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass man helles Haar mit Jugendlichkeit assoziiert.

Die Zeitschrift „Elle“ bestätigt mein Empfinden fast: „Männer nehmen Blondinen im Vergleich zu anderen als jünger und gesünder wahr. Das ist … evolutionsbedingt. Denn da die Haarfarbe im Laufe des Lebens … dunkler wird, galt früher: Je heller die Haare, desto fruchtbarer die Frau. Der zweite Grund … Männer … schätzen sie als weniger treu ein und sehen in der vermittelten Bereitschaft, häufiger den Partner zu wechseln, erhöhte Erfolgschancen für den eigenen Flirt-Versuch.“

Die „Freundin“ enthüllt praktisch das Gegenteil: „In einer Umfrage mit über 1.900 TeilnehmerInnen gaben 67 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen an, dass sie braune Haare bevorzugen. Der Grund dafür soll sein, dass der Haarfarbe viele positive Eigenschaften wie Intelligenz, Unabhängigkeit und ein souveränes Auftreten zugeschrieben werden. Auch interessant: Braune Haare wurden unabhängig davon, ob sie gefärbt oder naturbelassen waren, präferiert.“

Tatsächlich ist es so, dass mich jetzt im „hellen Zustand“ nicht weniger oder mehr Männer anschauen oder Flirtversuche unternehmen. Es ist alles „bei der Alten“, haha. Was bleibt? Nur der persönliche „Geschmack“. Und über den lässt sich eben nicht streiten.

Es ist also an der Zeit, mit diesem saudämlichen Klischee aufzuräumen. Männer stehen auf Blond? Stimmt. Aber sie stehen eben auch auf Rotschöpfe, Brünett- und Schwarzhaarige. Stimmt nicht? Ihr kennt jemanden, der „seine Frauen“ ausschließlich nach der Haarfarbe wählt? Das, meine Lieben, ist dann sowieso kein richtiger Mann, sondern ein Vollpfosten. Und die ganze Liebesmüh ohnehin nicht wert.

Hilfe, mein Kind erstickt! Ach nee, doch nicht …


So bleibst – oder wirst – Du gelassener im Umgang mit Deinem Kind

Als Eltern immer cool und gelassen durch eine Welt mit Kindern zu gehen, ist unmöglich. Sprechen wir es doch einmal aus, wie es ist: Manchmal würden wir vor Angst, Verzweiflung und Wut – oder auch Trauer – am liebsten losbrüllen oder aufgebracht auf der Stelle hüpfen wie unsere Kids. Macht das doch mal. Nur nicht unbedingt vor dem Kind? Genau, aber auch das passiert leider – und ist danach nicht mehr zu ändern. Als Mama zweier Jungs im Grundschulalter rate ich: Schau lieber nach vorn – und wie Du es vermeiden kannst, Dein Kind andauernd anzuschreien. Bleibe Du selbst und verbiege Dich (und Deine Gefühle!) nicht.

Ein Leben mit Kindern verändert uns: Wir werden ängstlicher, vorsichtiger, aber auch gelassener. Das passiert ganz automatisch, stimmt’s? (Na okay, das mit der Gelassenheit üben wir stetig.)
Es gibt so einige Erinnerungen an Situationen mit meinen beiden Jungs, die mich haben „ernster“ und „erwachsener“ werden lassen – und die einen Schleier der Reife über mich gelegt haben. (Dass ich trotzdem noch die totale „Rumalber-Suse“ bin, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.)

Hilfe, mein Kind erstickt!
Spätherbst 2015. Einkaufen im Supermarkt. Mein Zweijähriger sitzt vorn im Einkaufswagen und knabbert gemütlich und sein Umfeld musternd an einem kleinen Rundkäse. Essen und gucken: So hat er es am liebsten. Tja, wer nicht … ? Und ich? Lege von hier einen Joghurt und von dort ein paar Nüsse in den Einkaufswagen. Oh, ja, Brokkoli noch. Ein ziemlich entspannter Einkauf ist das heute. Und wirklich so verdächtig ruhig … ? Einen Blick in das rot anlaufende Gesicht meines kleinen Jungen, und so gar nichts ist mehr entspannt … Er hat sich verschluckt und kämpft!

Unheimlich „Heimlich“ … und weiter geht’s – einfach so
Ohne zu zögern wende ich den „Heimlich-Handgriff“ an, will schon laut rufen: ‚Hilfe, mein Kind erstickt!‘ Da fängt der Knirps auch schon an zu husten, und ich bekomme das Käsestückchen in seinem Mund direkt zu fassen. Das war’s. Ich fasse es nicht, zittere jetzt am ganzen Körper. Der Kleine hat seine rosige Gesichtsfarbe wieder, schaut mich aus kugelrunden Augen an. „Maaama, noch ein’n!“ Was … „Käse“? Er nickt mit schnellen Kopfbewegungen, fröhlich. Das gibt es doch einfach nicht. WIR wären fast krepiert … !
„Aber schön vorsichtig essen, Spatz“, höre ich mich sagen, als ich ihm das beliebte Nahrungsmittel (Tötungsmittel wohl eher!!) reiche. Mit schlotternden Knien gehe ich weiter. Ganz ehrlich? „Cool“ geht für mich eben nicht immer … Aber in anderen Situationen werde ich im Laufe der Zeit immer geübter. Zum Beispiel, wenn ich wütend werde. Schau mal.

Fassung wahren? Raum verlassen
Wenn ich merke, dass ich kurz davor bin, vor Wut meine Fassung zu verlieren, wende ich zunächst eine einfache Strategie an: Ich zähle bis zehn (ja, auch mal bis 20 …). Manchmal beruhige ich mich, manchmal klappt es einfach nicht. In diesem Fall verlasse ich schnurstracks das Zimmer. Meine Kinder werden im kommenden Sommer zehn und sieben, da rennen sie mir nicht mehr hinterher, wenn sie sauer sind. Aber das kam in der Vergangenheit vor. Ich ging dann im schlimmsten Fall ins Bad und schloss für einige Augenblicke die Tür (ab). Ich hielt mir die Ohren zu und atmete tief durch, Worte vor mich hinbrabbelnd wie „Es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur ein kleiner Junge …“

Verzweifelt, traurig, wütend? Ab nach draußen!
Ich erinnere mich auch daran, dass ich mir einfach meine beiden Zwerge schnappte und wir auf einen Spielplatz gingen oder fuhren. Frische Luft tanken, Sauerstoff fördert die Durchblutung – und beruhigt. Herumrennen, Natur belauschen. Meist fühlten wir uns alle danach sehr viel besser. (Übrigens: Die Betten machen ist auch eine gute Idee: mit Schmackes die Kissen schlagen! Das tut so gut, probier’s ruhig mal aus!)

Wir sind ja sowas von „tolerant“ – aber brauchen eigentlich mal Ruhe
Es ist doch so: Unser „schlechtes Gewissen“ lässt uns Eltern oft Dinge tun, die wir eeeigentlich gar nicht wollen. „Mama, spielen wir Fußball?“ Ich will nicht, und ich muss/wollte doch noch arbeiten … „Na gut, aber nur eine Runde.“ Oder: „Papa, wollen wir Tiere kneten?“ Nee, das ist mir jetzt zu matschig, und eigentlich wollte ich Sport machen … „Okay, aber nur ein par Minuten.“ Haben wir das jetzt echt laut gesagt?? Fakt ist: Wir Papas und Mamas bemerken es zunächst fast nicht, aber es stauen sich im Laufe der Minuten, Stunden, Tage … Aggressionen an (ihr wisst schon: der Tropfen und das Fass und so), die sich dann irgendwann eben brüllend ihren Weg nach außen bahnen. (Und der Tropfen war dann meist wirklich richtig klein.)

Teile auch DEINE Bedürfnisse mit
Arbeit oder/und Sport sollte manchmal schon etwas warten, schließlich wollt ihr ja auch für eure Kinder präsent sein. Aber … Ihr wollt jetzt doch lieber Lego mit euren Kids bauen statt kneten und kicken? Sagen, machen! Oder ihr seid müde und möchtet einfach ausruhen?
Auch das darf ich doch äußern. Ich bin nicht die Sklavin oder Dienerin meiner Kinder. („Doch, Mama, bist Du!“ Haha, selten so gelacht!)

Freunde, Freunde, nochmals Freunde … !
Extrem wichtig: Rede mit einem Freund oder einer Freundin, lass den ganzen Scheiß (sorry aber: SCHEISS!) einfach einmal raus. Lästere so richtig ab über Deine Kinder, Deine(n) – nicht vorhandene(n) – Partner/-in, Deinen Job und all das, was Dir zu viel ist oder zu wenig – wenn Du es brauchst. Mir tut das irre gut. Wenn Du allerdings merkst, dass das nicht hilft und beispielsweise die Wut auf Dein Kind oder andere belastende Gefühle in Dir schon fast zu einem Dauerzustand geworden sind: Lass Dir bitte helfen, zum Beispiel in einer Erziehungsberatungsstelle – Dir und Deiner Family zuliebe. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin seit meiner Jugend depressionskrank und rede in der Öffentlichkeit darüber. Zum Beispiel jetzt. Und es hilft.

Hilfe, mein Kind ist eine Naschkatze!

„Mama, ich will was Süßes!“ Kommt euch dieser Satz bekannt vor? Bei uns steht er jedenfalls an der Tagesordnung. Mein Kleinster ist eine absolute Naschkatze. Er kann einfach nicht genug vom Zuckerkram bekommen … Der Versuch einer „Problemlösung“.

K. ist ein Monster, ein sechsjähriges Süßigkeiten-Monster. Schokolade, Kaubonbons, Eis, Kuchen. Er liebt das Zeug. (Ich persönlich ziehe ja die herzhafte Kost vor: Cashews, Macadamia-Nüsse bieten Suchtpotential bei mir.) Ich erinnere mich daran, wie mein älteres Kind seinerzeit „mit der Karotte sozialisiert“ wurde. Er liebte es einfach, an dem orangen Gemüse herum zu lutschen und zu kauen. Und was war er zufrieden damit! Und mit Brokkoli!


Süß statt herzhaft

Brei gab es bei uns selten, wir machten das, was sich heute hochtrabend „Baby-led Weaning“ (heißt in etwa: eine vom/von der Kleinen selbst gesteuerte Still-Entwöhnung) nennt. Meine Kinder durften sich vom Tisch greifen, was sie interessierte. Natürlich achtete ich dabei darauf, dass es gute, vollwertige, „babygerechte“ Kost war.

Tja, und bei P. war das eben die Karotte. Und, was soll ich sagen: Bei K. musste die überreife Banane her. Ich saß nachmittags auf dem Sofa und aß eine dieser nahrhaften Früchte. Der Kleine kam zu mir gekrabbelt und zack, hatte er sie schon in der Hand. Sein Blick, als er zum ersten Mal die Banane annuckelte: unvergessen.

Matschbanane und Erdbeerpüree – juchhee

Und so ging es weiter: Während P. beherzt an gekochten Kartoffeln nuckelte, griff K. mit den Fingern mitten rein in den Milchreis (ja ja, natürlich ohne Industriezucker, aber dafür mit untergemixtem Bananen- oder Apfelmus). Ein ganz Süßer also. Und nun?

Süßhunger vermeiden durch „gute“ Lebensmittel

Es ist doch so: Je ausgeglichener der Blutzuckerspiegel der Zwerge, desto kleiner ihr Heißhunger auf Süßes. Daher lautet die „Regel“ hier: Haben die beiden Kinder „prima gegessen“ (Gemüse, Vollkornprodukte, gute Eiweißquellen et cetera perge perge, aufessen müssen sie dabei aber nicht) und ausreichend Wasser getrunken (an den Wochenenden darf es auch mal naturtrüber Apfelsaft sein), bekommen sie einen Nachtisch.

Zur Zeit lieben meine Bengelchen selbstgemachtes Eis. Das „Rezept“ ist unfassbar einfach: Kleine frostbeständige Behälter mit Apfelsaft füllen und in den Gefrierschrank stellen: Fertig ist das „Kratzeis“. Wer will, wählt stattdessen Eiswürfelbehälter in den verschiedensten Variationen und wartet, bis der Saft angefroren ist. Holzstäbchen rein, noch einmal in den Tiefkühler – et voilà: Eis am Stiel.


Kombination Süßes und „Gutes“

Ich versuche mich im Kombinieren der Süßigkeiten mit Früchten, Gemüse oder Joghurt. Das klappt recht gut. Wenn ich (meist mit den Kids zusammen) backe, verwende ich etwa ein Viertel weniger Zucker als in den entsprechenden Rezepten angegeben ist – oder ich rühre natürliche Süßungsmittel wie Datteln oder Honig unten. Egal wie: Schon allein die Tatsache, dass sie mitmachen dürfen, weckt in den Jungs echten Appetit.

Und sonst? Meine Zahnärztin riet übrigens, die Kinder „am Stück“ naschen zu lassen, also nicht immer mal wieder über einen längeren Tageszeitraum, sondern innerhalb weniger Minuten. Und dann? Zähne putzen. Klar – auch, wenn das nicht ganz so viel Spaß macht wie Naschen.

Dieser Text erschien am 16. November 2022 in etwas abgeänderter Form erstmal bei „Hallo:Eltern“.

Warum meine Kids nicht „alles“ haben dürfen

Vor Weihnachten dreht sich bei meinen beiden Kids vieles um mögliche Geschenke und den Wunschzettel. Und der wird gefühlt täglich überarbeitet … Dabei sollte es sich beim Fest der Liebe doch um ganz andere, nicht-materielle Dinge drehen – oder?

Jeden Tag ein anderer Wunsch

Zwei Wunschzettel liegen auf meinem Schreibtisch, einer zum Teil voller durchgestrichener Worte, einer mit Abbildungen aufgrund noch fehlender Schreibfähigkeiten. „Mama, ich wünsche mir doch lieber die Eisenbahn“, informiert mich mein Neunjähriger, als er in mein Arbeitszimmer huscht und sich wieder an seinem Schriftstück zu schaffen macht. Gestern war es noch etwas völlig anderes, aber „ich kann mich einfach nicht entscheiden.“

„Eins zu Weihnachten, eins zum Geburtstag“

Der Sechsjährige tut sich nicht ganz so schwer, er weiß „schon seit Tagen“, was er gerne hätte. Er sieht es total pragmatisch: „Mama, das andere wünsche ich mir dann zu meinem Geburtstag.“ Clever. P. schaut seinen kleinen Bruder prüfend an. „Gute Idee, K.! So mache ich das auch. Dann können wir ja beide Sachen bekommen.“ Tja, „Not“ macht eben erfinderisch. (Wo ist das Schulterzuck-Emoji?)

Vorfreude – die schönste Freude?

Dass meine Kinder nicht „alles“ haben können, dürfen und sollen, steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben: Ich erinnere mich daran, wie meine Eltern früher stets predigten: „Du solltest deine Spielsachen wertschätzen lernen, sie sind keine Selbstverständlichkeit. Es sind Luxusgüter, auch, wenn dir das nicht so vorkommt. In vielen Orten dieser Welt haben Kinder nicht einmal ein ganz kleines Spielzeug. Alles kostet Geld, und das müssen wir uns erst einmal erarbeiten.“

Das konnte ich verstehen, es leuchtete mir ein. „Außerdem“, so Mama und Papa, „wenn Du gleich alles hast, kannst du dich doch gar nicht mehr so freuen. Und gerade die Vorfreude ist doch so schön.“

Ihr könnt nicht „alles“ haben

Darüber habe ich als Mädchen lange nachdenken müssen und fand damals: Irgendwie hatten sie damit recht. Und es stimmte ja auch: Meine Spannung bis zum Fest stieg stetig.

Diese Denkweise meines Vaters und meiner Mutter habe ich in mein Mamasein übernommen und schon früh versucht, auch meinen Kindern zu vermitteln. Irgendwann hatte ich es geschafft, meine Bengelchen zu überzeugen: Vorfreude? Ja, ist toll. Nicht alles haben können? Nicht so toll, aber es ist nun einmal so.

Überforderung durch ein Zuviel

An Weihnachten vor einigen Jahren feierten wir bei Verwandten; für die Jungs gab ungewöhnlich viele Geschenke. K. – damals gerade einmal vier Jahre alt – rannte wie besessen von einem Päckchen zum nächsten. „Noch mehr auspacken!“ Daran erinnert sich auch mein Viertklässler noch heute sehr genau: „Mama, da hatte ich so viel, dass ich gar nicht wusste, womit ich mich zuerst beschäftigen soll, ich war total überfordert!“

Wertschätzung, Geduld – und Fantasie

Ich bin mir darüber im Klaren, wie wichtig Spielsachen für Kinder sind beziehungsweise sein können, versteht mich da bitte nicht falsch. Und ich weiß auch, wie stark Spielfiguren und Puppen und kindliche Identifikation zusammenhängen (können).

Aber: Wie können unsere Kinder Fähig- und Fertigkeiten wie Konzentration, Geduld und Wertschätzung erlernen und ausbauen, wenn sie mit Präsenten überschüttet werden? Denn genau darum geht es in meinen Augen doch: sich auf etwas einlassen können, sich damit auseinandersetzen, sich vertiefen – und ganz fantasievoll darin aufgehen.

Dieser Text erschien erstmals hier.
Foto: Schwägerlein Toni Polkowski

Mein Leben mit Söhnen