Vor 14 Tagen waren mein Liebster und ich in der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin-Charlottenburg und haben uns das Theaterstück Hedda Gabler von Hendrik Ibsen in sehr moderner Inszenierung angesehen. Eine Bühne, ausgestattet mit einem angedeuteten Haus aus Fensterglas (durch das der Regen rann), Stahl und Holzboden. Dazu ein paar weiße Lilien, ein sattgrünes Sofa – kein Schnickschnack, kein Tand. Minimalistisch eben.
Das Stück hat mich ziemlich bewegt und angerührt. Aber erst einmal zum Inhalt: Es geht um eine junge Frau, Tochter eines Generals, die frisch mit einem scheinbar erfolgreichen Mann, Jörgen Tesman, verheiratet ist. Diesem wird eine Professur angeboten, und er geht darin auf, sich in seinem Werken zu verlieren… Er strebt nach immer Höheren und vergisst dabei schon mal seine Frau.
Gerade aus den Flitterwochen kommend, richtet sich das junge Paar in ihrem neuen und sehr teuren Zuhause ein, das von Tante Judith mitsubventioniert ist. Alles könnte so schön sein, man könnte glücklich sein Dasein fristen… Fristen. Genau da liegt dann auch der Haken: Die junge Frau sieht keinen Sinn in ihrem Leben. Was immer sie anstellt, es ist ihr nicht aufregend, nicht gut genug.
Hedda Gabler hat ein Hobby: Sie schießt. In ihrem Besitz sind mehrere Pistolen, die ihr Vater ihr einmal überlassen hat, und es kommt vor, dass sie damit im Haus herumschießt. Für ihren Mann ist dies schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Er bemerkt es fast gar nicht mehr. Einmal abgesehen davon hat er ja mit seiner Arbeit zu tun… Süße, naive Hedda mit ihren kleinen Macken…
Ein Kollege des jungen Mannes, Lövborg, mit dem Hedda einst zusammen war und der als Trunkenbold und labiles Seelchen nicht erfolgversprechend genug für die junge Frau war, erscheint plötzlich wieder auf der Bildfläche. Doch Lövborg hat sich in der Zwischenzeit gewandelt: Er hat ein Buch herausgebracht, das in aller Munde ist… Hedda ist schockiert, denkt sie doch fortan, den falschen Mann geheiratet zu haben… Sie weiß, sie liebt ihn nicht, sie schikaniert ihn, zeigt ihm bei jeder Gelegenheit, dass sie ihn für einen Versager hält, steht in keiner Minute hinter ihm. Sie beginnt, Jörgen zu tyrannisieren und ihn mit seinem Jugendfreund Brack zu betrügen.
Doch auch Herrn Lövborg hat sie nie geliebt. Nachdem dieser jetzt so erfolgreich ist, lässt ihr ihre Unzufriedenheit keine Ruhe… Sie langweilt sich, Veränderungen müssen her…
In einem unbeobachteten Moment vernichtet Hedda das Manuskript eines neuen Werkes von Lövborg, das er bisher nur auf seinem Laptop gesichert hat. Sie treibt den Mann in den Selbstmord: Sie gibt ihm ihre Pistole, und er beendet sein Leben. Herr Brack hält sie erpressend in der Hand, Lövborgs Assistentin und Heddas Mann beschließen, das Buch zu rekonstruieren und kommen sich dabei näher…
Lövborg ist tot, ihr Mann ist dabei, sich zu verlieben. Niemand schenkt dem Mädchen Beachtung. Als sie eines Tages wieder einmal – diesmal endgültig – mit ihren Pistolen hantiert, lacht ihr Mann: „Huch, jetzt hat sie sich wohl selbst erschossen.“ Mit diesen Worten endet dann auch das Stück.
Wozu ist der Mensch imstande, wenn er sich nur ausreichend langweilt, wenn er keinen Sinn in seinem Leben erkennen kann? Was wird er tun, wenn er keine Erfüllung finden kann? Wenn er sich verzweifelt bemüht, ein bisschen von dem zu spüren, was man allgemeinhin das Leben nennt – sich selbst im Leben spüren…
Da stellen sich mir dann wieder ein Haufen Fragen: Wie wird man glücklich? Was braucht man dazu? Kann man lernen, glücklich zu sein? Das Leben ist ein ständiges Auf und Ab, Höhen und Tiefen durchziehen es wie Berge und Täler die Landschaften. Doch sowohl Landschaften als auch das Leben haben wohl ihren Reiz: Geht man durch Täler, wird man mit ein bisschen Glück Berge sehen. Anschließend wird man wieder Täler durchschreiten… Gibt es im Leben eines Menschen nur noch Täler, gibt es keine Abwechslung, so wird er seines Lebens nicht froh werden können… Langeweile, Wut und Hass werden ihn vernichten…