Woher kommt er eigentlich, der Spruch „Ich find Dich dufte?“ Warum sagt der Berliner das? Vielleicht, weil er jemanden – im wahrsten und im übertragenen Sinne – „gut riechen“ kann? Könnte man annehmen, stimmt aber leider nicht. Licht ins Dunkel: Der Ausdruck dufte für „toll“ stammt aus dem Hebräischen „tow“. Das bedeutet „gut“ oder auch „fein“. Wie andere deutsche Wörter ist es über das Jiddische in die Deutsche Sprache eingegangen.
Ich finde, dufte ist ein duftes Wort.
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Leerer Teller, schönes Wetter?
Immer wieder höre ich Eltern zu ihren Kindern sagen: „Wenn Du Deinen Teller leer isst, wird morgen schönes Wetter.“ Das habe ich als kleines Mädchen auch dauernd von meiner Mutter oder Oma gehört. Nie habe ich mir darüber Gedanken gemacht, was ein leerer Teller wohl mit schönem Wetter zu tun haben könnte. Heute war es aber soweit. Ich habe mir sogar ausgiebig Gedanken zu dieser vermeintlich abergläubischen Absurdität gemacht. Doch weil die Erleuchtung nicht kommen wollte, habe ich mich eben schlau gemacht.
Der Spruch entstand aus einem Missverständnis heraus. Wenn in längst vergangenen die armen Kinder vom Lande die letzten Bissen ihres leckeren Essens hin- und herschoben (aus Angst, danach nichts mehr zum Genießen zu haben), wurden sie von ihrer Mutter beruhigt: „Esst nur alles schön auf, morgen gibt es wieder Schönes“.
Schönes wedder. Schönes wieder. Plattdeutsch. Aha! Jetzt ergibt das alles auch einen Sinn.
In diesem Sinne: Guten Appetit!
Und keine Sorge: Das Wetter bleibt trotzdem schön, egal, ob ihr aufesst oder nicht.
Schnitzeljagd
Im Café Mirbach in Weißensee kann man zu fairen Preisen brunchen, lunchen oder die Abende bei Bier und leckerem Abendessen ausklingen lassen. Hier wird dem Gast gemütliches Ambiente an einem kleinstädtisch anmutenden Kirchplatz geboten. Die herzlichen Angestellten und das leckere Essen sind weitere Gründe, warum mein Liebster und ich gestern dort einkehrten.
Wir studieren die Wochenkarte, und mir sticht sofort ein Gericht ins Auge, das ich seit Jahren nicht gegessen habe. Doch ich erinnere mich genau daran, wie gern ich es als Kind hatte. Begeisterung macht sich breit. Ich bin mir sicher, dass ich genau dieses Essen auf meinem Teller haben, ansehen, riechen und schmecken will…
Ich bestelle voller Enthusiasmus das heißersehnte „Jägerschnitzel“. Geschafft. Ich lehne mich zurück und schlage die Beine übereinander. Der Liebste wählt “Strammer Max”. Als er bestellt, verkneife ich mir einen Kommentar.
Die Kellnerin notiert sich unsere Wünsche. Sie wendet sich zum Gehen ab, überlegt es sich dann aber noch einmal. “Noch zum Jägerschnitzel… Sind Sie aus Ostberlin?” Uh. Der Liebste und ich schauen uns an. Was kommt denn jetzt? “Ich frage nur, weil: Es gibt ja zwei Arten von Jägerschnitzeln…”. Oh. Jetzt wird es journalistisch anspruchsvoll für mich. Ich richte mich auf: “Echt? Welche denn? Was ist denn da der Unterschied?” Die Kellnerin wuschelt sich durch den frechen Kurzhaarschnitt: “Es gibt Ost- und Westjägerschnitzel…”.
Ich kombiniere: Ich bin Ostdeutsche und befinde mich in Ostdeutschland. Demzufolge kenne ich wohl das Ostjägerschnitzel. Für mich kann es nur das eine geben. Und das sage ich dann auch mit Nachdruck. Die Kellnerin grinst und nickt schweigend. Auf einmal dann geht sie weg, ohne mir zu sagen, was es mit dem anderen Schnitzel auf sich hat.
Mein westdeutscher Liebster schaut wahrscheinlich genauso verdattert wie ich. Auch er lechzt nach Entwirrung: “Ich glaube, ich kenne nur das Westjägerschnitzel.” Schweigend starren wir uns eine Weile an. Doch dann schießt es mir in den Sinn: Grandios. West und Ost – vereint an diesem Tisch. Er und ich, wir beide. Vor meinen Augen läuft pathetisch deutsch-deutsche Wiedervereinigung ab, mit dem Jägerschnitzel als unserem sozialistisch-kapitalistischen Verbindungsglied!
Ich kann den Liebsten aufklären und er mich: Ein Ostjägerschnitzel ist eine panierte Scheibe Jagdwurst, zu der man Nudeln in Tomatensauce oder eine Kartoffelbeilage serviert. Das Westjägerschnitzel hingegen ist ein stinknormales, ebenfalls paniertes Schweineschnitzel, zu dem man Jägersauce reicht – mit Champignons. Bei dem Gedanken, was der Liebste wohl gedacht haben mag, als ich ihm vorlas „Jägerschnitzel mit Spirelli in Tomatensauce“, muss ich lachen.
Die Kellnerin bringt unser Essen. Ich haue kräftig rein und bin froh, Ostdeutsche zu sein.
FREUNDLICHKEIT großgeschrieben
Alltäglich werde ich mit der Tatsache konfrontiert, dass die Freundlichkeit, die ich den Menschen geradezu entgegen werfe, manchmal sogar doppelt wieder auf mich zurückprallt. Das erwarte ich gar nicht. Und dennoch überrascht und erfreut es mich jedes Mal aufs Neue. Freundlichkeit macht süchtig.
Vor dem Essen wird nicht geschnuckt!
Als morgens unser Großraumbüro betrete, stehen dort Teller mit bunten Naschereien – Süßigkeiten, Knabberzeug und Mandarinen – zur allgemeinredaktionellen Schlemmerei bereit.
Heute ist Nikolaus, da „kann man schon mal naschen“. Doch am Morgen? Am Vormittag?
Meinem Kollegen am Tisch hinter mir entfährt dann und wann ein sehnsuchtsvolles Seufzen – doch er widersteht bis zum Mittagessen der Versuchung. Denn: „Vor dem Essen wird nicht geschnuckt!“
Schnucken – ein Wort, das ich zuvor nicht (oder zumindest nicht bewusst) gehört hatte und das wohl – so klärt mich besagter Kollege auf – aus dem Rheinischen stammt und soviel wie naschen bedeutet.
So weit, so gut, doch unweigerlich muss ich bei diesem Verb und der gelieferten Definition an die liebevolle Koseform Schnucki denken. So nennt man doch für gewöhnlich Menschen, die man mag. Und doch habe ich zuvor nie den Sinn dieses Wortes hinfragt. Da liegt für mich die Annahme nahe, dass schnucken und Schnucki irgendetwas miteinander zu tun haben müssen.
Und dann ist da noch diese kleine und besonders putzige Schafrasse, die vor allem in nordischen Gefilden über die Wiesen springt: die Heidschnucke. Sehr schnuckelig! Sehr beschaulich ist es vor allem, wenn eine dieser schnuckeligen Heidschnucken auf der Wiese schnuckt.
Bei all dem Geschnucke habe ich Appetit bekommen und gehe jetzt … essen.