Am liebsten blaumachen

Ich zähle Geld. Bei 101.587 Euro und elf Cent bin ich angelangt als der Wecker klingelt. Wie unhöflich. Ja, und was für ein Traum! Eine Straße voller Geldscheine … Ich reibe mir die Augen und verachte den Wecker, diesen Spaßverderber!

Aus dem Bett gequält, die Vorhänge zurückgezogen. Kalt! Und grau. Ein Anblick zum Abgewöhnen. Ich denke kurz darüber nach, mich klammheimlich wieder unter meiner Bettdecke zu verkriechen – und dann den ganzen Tag einfach zu verpennen. Was für ein verlockender Gedanke – den ich schnell wieder verwerfe. Denn die Arbeit ruft, schreit förmlich nach mir.

Am Schreibtisch. Beim Verfassen einer E-Mail ein erneuter Blick aus dem Fenster. Wie ungemütlich! Wah. Ich würde doch zu gern blaumachen heute. Noch während mir dieses Wort durch den Kopf schießt, sinniere ich über seine Bedeutung. Warum sagt man das eigentlich: blaumachen? Was macht man denn blau? Oder ist man blau, weil man zuviel getrunken hat und am nächsten Morgen nicht arbeiten kann? Oder weil jemanden der Blues erwischt hat?

Ich schlage nach und finde zwei Erklärungen. In beiden hat das Fernbleiben am Arbeitsplatz nichts mit dem Genuss von Alkohol zu tun.

Erklärung Nummer 1: Wenn Färber damals etwas blau einfärbten, mussten sie den Stoff einen ganzen Tag lang im Färbebad liegenlassen. Denn die blaue Farbe musste sich – anders als andere Farben – erst durch einen chemischen Prozess entwickeln. Eine ziemlich langwierige Angelegenheit also. Blaumachen: sich einen Tag lang nicht um die Stoffe kümmern.

Erklärung Nummer 2: Werktätige brauchten am Montag vor Fasnacht (auch blauer Montag genannt) nicht zu arbeiten. Im Laufe der Zeit wurden aus dem blauen Montag eben viele blaue Montage – und Dienstage und Mittwochs …

Das Telefon klingelt. Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch.
Nichts mit blaumachen heute.

Einen Tag blaumachen – und ein Eis essen gehen, zum Beispiel

10 Gedanken zu „Am liebsten blaumachen“

  1. Hahaha…welch ein witziger Name für eine Eisdiele!
    Und ich glaube, es gibt sogar blaue Eiskugeln ( wonach schmecken die denn wohl? ), mit denen man den Tag dann im wahrsten Sinne des Wortes „blaumachen“ könnte.
    Liebe Grüße
    von Rosie

  2. Hallo Brigitte,

    danke, es freut mich, dass Du Freude beim Lesen hast.
    Heute scheint die Sonne in Berlin wieder ein bisschen mehr … Das tut guuuuuuut. Und macht Mut!
    (Oh, und das reimt sich!)

    Ich grüße herzlich zurück!
    Coralita

  3. Deine Worterklärungen sind immer sehr anschaulich und aus aktuellem Grund zustande gekommen.
    Das ist echt spannend – und das Bild dazu auch toll!

    Liebe Grüsse in den blau-lila Tag,
    Brigitte

  4. Danke für die Erklärung… leise rumorte es in meinem Hirn, dass ich das mit dem Färben schon mal gehört hatte, aber niemals parat gehabt hätte. Und über den Schriftzug grübelte ich auch bruchteilsekundenlang, bis mein Auge das versteckte Eis-Schild erspähte 😉

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