Aus dem Alltag eines Stasi-Häftlings

Am vergangenen Samstag war ich in der Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen. Auf die Idee, dort hinzufahren, bin ich gekommen, nachdem ich den Film „Das Leben der anderen“ gesehen habe und dieser mich stark beeindruckt und vor allem bewegt hat.

Ich nahm an einer Führung unter der Leitung des ehemaligen Stasi-Häftlings Hartmut Richter teil, der unserer Gruppe (wir waren wohl so um die 10 bis 15 Personen) sehr genau alle Details erzählte und geduldig alle unsere Fragen beantwortete. Der sympathische Mann saß ein Jahr in Hohenschönhausen. (Weitere Station als Gefangener: Bautzen II.)

Am meisten betroffen gemacht haben mich die ehemaligen Zellen des Kellergewölbes, das den Spitznamen „U-Boot“ erhielt, weil es dort keine Fenster gab und es demzufolge extrem dunkel war. Auch die Anordnung der Räume und Flure und die Türen erinnern mich an ein U-Boot. Sehr bezeichnend also. Diese „Räume“ wurden in der Nachkriegszeit als Gefängnisse genutzt und die Gefangenen unter menschenunwürdigen Verhältnissen „gehalten“.

Die Dunkelheit war nur eine der vielen Qualen verursachenden Facetten. Eine andere war schlimmer: die Feuchtigkeit. Viele Menschen erkrankten und starben in ihren „Kerkern“.

Die Insassen hatten eine kleine Zelle, die vielleicht höchstens sechs oder sieben Quadratmeter groß war. Darin standen nur eine hölzerne Pritsche und eine Fäkalien- tonne. Herr Richter erzählte uns, dass hier sowohl bei Tag als auch bei Nacht eine Glühbirne leuchtete, was dem Insassen schnell das Gefühl von Zeitlosigkeit vermittelt haben muss. Tagsüber durfte der Häftling nur sitzen, wurde er müde und fiel längs auf die Pritsche, war er durch Schreie oder An-die-Tür-Klopfen gewzungen, sich wieder aufrecht hinzusetzen…

Nur ganz wenige der Zellen hatten ein Fenster, das jedoch mit Milchglas gebaut war, sodass der Häftling nicht hinausschauen konnte.

Auf diese (und vermutlich jede für uns nicht vorstellbare andere grausame) Weise seien viele Insassen verrückt geworden, sagt Hartmut Richter. Viele haben versucht, sich das Leben zu nehmen.

Einige Häftlinge haben von so genannten Wasser-Folterzellen gesprochen, die in der Gedenkstätte Hohenschönhausen rekonstruiert wurden. Eine Foltermethode beinhaltete das monotone Tröpfeln von Wassertropfen auf den Schädel. Man kann sich vielleicht vorstellen, dass selbst solche harmlos klingenden Dinge auf die Dauer verrückt machen können. Auf die Dauer wird das dumpfe Tropfen schmerzen…

Die Zellen im „U-Boot“ wurden ab 1951 nicht mehr von den Sowjets belegt, wurden aber bis Anfang der 60er-Jahre (!) noch von der Stasi verwendet… Herr Richter hat hier aber Gott sei Dank nicht sitzen müssen… Was er während seiner Zeit in Hohenschönhausen hat durchmachen müssen, ist allerdings nicht minder schlimm.

Schlafen durfte man sowohl im „U-Boot“ als auch in den „moderneren“ Zellen im Neubau nur in einer bestimmten Position: Auf dem Rücken und mit den Händen sichtbar auf der Decke. Drehte sich ein Häftling im Schlaf, wurde er sehr unsanft darauf hingewiesen, dass er sich sofort in die vorgeschriebene Position zu bringen habe…

Mit einem Barkas 1000 wurden die Häftlinge einzeln in die verschiedenen Haftanstalten – so auch nach Hohenschönhausen – gebracht. Er war abgedunkelt, sodass der Inhaftierte nicht wusste, wohin er gebracht wurde. Meist waren die Wagen aus Gründen der Unauffälligkeit als Lebensmittelwagen o.ä. getarnt.

Um die Geständigkeit eines Insassen zu erzwingen, wurden sehr subtile Maßnahmen gebracht, so unter anderem monotone Geräusche oder das Versprechen der morgigen Entlassung aus der Haftanstalt. Glaubte sich der Häftling schon in Freiheit und fieberte dem Morgen entgegen, so wurde dann am Tag darauf einfach ignoriert – und kam natürlich nicht frei.

Diese und andere Geschichten erzählte uns Herr Richter während unserer knapp zwei Stunden dauernden Führung, die ich sehr interessant und packend fand. Einmal mehr wurde mein Bewusstsein darüber, wie gut es mir in meinem Leben geht, geschärft. Ich bin froh, in die heutige Zeit geboren zu sein…

Dasein fristen

Vor 14 Tagen waren mein Liebster und ich in der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin-Charlottenburg und haben uns das Theaterstück Hedda Gabler von Hendrik Ibsen in sehr moderner Inszenierung angesehen. Eine Bühne, ausgestattet mit einem angedeuteten Haus aus Fensterglas (durch das der Regen rann), Stahl und Holzboden. Dazu ein paar weiße Lilien, ein sattgrünes Sofa – kein Schnickschnack, kein Tand. Minimalistisch eben.

Das Stück hat mich ziemlich bewegt und angerührt. Aber erst einmal zum Inhalt: Es geht um eine junge Frau, Tochter eines Generals, die frisch mit einem scheinbar erfolgreichen Mann, Jörgen Tesman, verheiratet ist. Diesem wird eine Professur angeboten, und er geht darin auf, sich in seinem Werken zu verlieren… Er strebt nach immer Höheren und vergisst dabei schon mal seine Frau.

Gerade aus den Flitterwochen kommend, richtet sich das junge Paar in ihrem neuen und sehr teuren Zuhause ein, das von Tante Judith mitsubventioniert ist. Alles könnte so schön sein, man könnte glücklich sein Dasein fristen… Fristen. Genau da liegt dann auch der Haken: Die junge Frau sieht keinen Sinn in ihrem Leben. Was immer sie anstellt, es ist ihr nicht aufregend, nicht gut genug.

Hedda Gabler hat ein Hobby: Sie schießt. In ihrem Besitz sind mehrere Pistolen, die ihr Vater ihr einmal überlassen hat, und es kommt vor, dass sie damit im Haus herumschießt. Für ihren Mann ist dies schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Er bemerkt es fast gar nicht mehr. Einmal abgesehen davon hat er ja mit seiner Arbeit zu tun… Süße, naive Hedda mit ihren kleinen Macken…

Ein Kollege des jungen Mannes, Lövborg, mit dem Hedda einst zusammen war und der als Trunkenbold und labiles Seelchen nicht erfolgversprechend genug für die junge Frau war, erscheint plötzlich wieder auf der Bildfläche. Doch Lövborg hat sich in der Zwischenzeit gewandelt: Er hat ein Buch herausgebracht, das in aller Munde ist… Hedda ist schockiert, denkt sie doch fortan, den falschen Mann geheiratet zu haben… Sie weiß, sie liebt ihn nicht, sie schikaniert ihn, zeigt ihm bei jeder Gelegenheit, dass sie ihn für einen Versager hält, steht in keiner Minute hinter ihm. Sie beginnt, Jörgen zu tyrannisieren und ihn mit seinem Jugendfreund Brack zu betrügen.

Doch auch Herrn Lövborg hat sie nie geliebt. Nachdem dieser jetzt so erfolgreich ist, lässt ihr ihre Unzufriedenheit keine Ruhe… Sie langweilt sich, Veränderungen müssen her…
In einem unbeobachteten Moment vernichtet Hedda das Manuskript eines neuen Werkes von Lövborg, das er bisher nur auf seinem Laptop gesichert hat. Sie treibt den Mann in den Selbstmord: Sie gibt ihm ihre Pistole, und er beendet sein Leben. Herr Brack hält sie erpressend in der Hand, Lövborgs Assistentin und Heddas Mann beschließen, das Buch zu rekonstruieren und kommen sich dabei näher…

Lövborg ist tot, ihr Mann ist dabei, sich zu verlieben. Niemand schenkt dem Mädchen Beachtung. Als sie eines Tages wieder einmal – diesmal endgültig – mit ihren Pistolen hantiert, lacht ihr Mann: „Huch, jetzt hat sie sich wohl selbst erschossen.“ Mit diesen Worten endet dann auch das Stück.

Wozu ist der Mensch imstande, wenn er sich nur ausreichend langweilt, wenn er keinen Sinn in seinem Leben erkennen kann? Was wird er tun, wenn er keine Erfüllung finden kann? Wenn er sich verzweifelt bemüht, ein bisschen von dem zu spüren, was man allgemeinhin das Leben nennt – sich selbst im Leben spüren…

Da stellen sich mir dann wieder ein Haufen Fragen: Wie wird man glücklich? Was braucht man dazu? Kann man lernen, glücklich zu sein? Das Leben ist ein ständiges Auf und Ab, Höhen und Tiefen durchziehen es wie Berge und Täler die Landschaften. Doch sowohl Landschaften als auch das Leben haben wohl ihren Reiz: Geht man durch Täler, wird man mit ein bisschen Glück Berge sehen. Anschließend wird man wieder Täler durchschreiten… Gibt es im Leben eines Menschen nur noch Täler, gibt es keine Abwechslung, so wird er seines Lebens nicht froh werden können… Langeweile, Wut und Hass werden ihn vernichten…

Roma o morte! – 5. Tag

6.15 Uhr: Wir stehen auf und machen uns für den Heimflug bereit. Ein paar Sachen müssen noch zusammengepackt werden. Bei drei Mädchen in einem Hotelzimmer eine mühselige Aktion, die wir jedoch erfolgreich meistern. Nach dem Frühstück (jeden Morgen gab es hier Cornetti, Brötchen und Brot, verschiedene Joghurt- und Müslisorten, Marmelade, Käse und Wurst, Mozarella-Bällchen, Rührei und Speck und -siehe da- normalen Kaffee… ganz nach dem Bedarf der Mama) fahren wir mit einer Großraumtaxe (diesmal verhandeln wir nicht und zahlen 65 EUR; Die Fahrt dauert ca. 40 Minuten) zum Flughafen und checken ein.

Gegen 8.45 Uhr geht unser Flieger. Jeder ist mit den Gedanken bei dem Erlebten und würde am liebsten noch ein paar Tage oder gar Wochen bleiben. Viel zu schnell ist die Zeit vergangen, und viel zu schnell vergeht der Flug.

Als wir in Berlin landen, regnet es…

Roma o morte! – 4. Tag

Unser vorletzter Tag in Rom. Auf der Tagesordnung: Der Vatikanstaat. Die Vatikanstadt besteht aus dem Petersdom, dem Petersplatz (1655-67 von Bernini geschaffen), dem Vatikan mit den dazugehörigen Gärten und dem Sommersitz des Papstes: Castel Gandolfo.

Das gesamte Bistum liegt innerhalb der Stadt auf etwa 0,44 km² und wird durch eine Mauer von der Stadt getrennt. Als kleinster Staat Europas verfügt der Vatikan, der von der berühmten Schweizer Garde mit ihren typischen Uniformen bewacht wird, über eine eigene Post, eine eigene Währung (will man heute Vatikaneuros ergattern, muss man oft tief in die Tasche greifen), eine Druckerei und sogar einen eigenen Sender: “Radio Vatikan”. Heute wollen wir in den Petersdom hinein und auf die Kuppel steigen.

Nach scheinbar unendlichem Treppensteigen, am Ende kriechen wir fast schon die schrägen und erschreckend engen Wendeltreppen hinauf, erreichen wir den höchsten Punkt des Petersdoms. Von dort aus haben wir einen weitschweifigen und fantastischen Blick über Rom und genießen die Sonne.

Meine beiden Schwestern beschließen, shoppen zu gehen, und meine Eltern und ich fahren kurzerhand zur Villa Borghese, dem größten Erholungspark Roms, der nicht einmal so groß wie der Tiergarten in Berlin ist. Generell kann man sagen, dass Rom eine nicht sehr grüne Stadt ist. Die Villa Borghese im gleichnamigen Park beherbergt eine Kunstgalerie und ein Geschichtsmuseum, welche wir allerdings nicht besucht haben. Vielmehr haben wir uns nach drei Tagen Großstadtmief auf das Grün und die Luft im Park konzentriert.

Die Parkanlage der Villa Borghese gehört mit einem künstlichem See, Kinderkarussell, Zoo und Pferderennbahn zu den beliebtesten Freizeitbereichen der Römer. Ein Ballon steigt täglich auf, um den Besuchern einen Blick auf Rom von ganz oben zu gewähren. Zahlreiche Brunnen und Statuen, denen teilweise jedoch schon die Köpfe abgeschlagen wurden, machen die Villa zu einer Sehenswürdigkeit. Mit dem Taxi fahren wir drei zur Piazza di Spagna und treffen auf meine Schwestern. Gemeinsam schlendern wir durch die Stadt heim und essen am Abend Pizza

Mein Leben mit Söhnen