Nach der Geburt tritt das Baby an erste Stelle – so ist das einfach. Dass dabei Freundschaften (vor allem mit Kinderlosen) in den Hintergrund treten, ist also leider ganz normal. Und doch habe ich einen Tipp für euch, wie ich die wichtigsten Menschen in meinem Leben trotz neuer Prioritäten „nah bei mir“ behalten konnte.
Plötzlich sind Freunde „die anderen“
Wenn wir Eltern werden, verändert sich unser Leben schlagartig – von einem Tag auf den anderen. Und auch unsere Freundschaften durchlaufen einen krassen Wandel, vor allem dann, wenn „die anderen“ (noch) kinderlos sind. Hier heißt es jetzt auf beiden Seiten (vorausgesetzt, beide wollen, dass die Freundschaft weiter besteht): sich aufeinander einstellen und gegenseitiges Verständnis füreinander aufbringen: dass sich bei „den einen“ gerade so ziemlich alles ändert, während „die anderen“ das einfach (noch) nicht verstehen können.
Es ändert sich eben einfach alles
Als ich Mama wurde, veränderte sich in meinem Leben einfach alles: Rund um die Uhr war ich auf unser Baby fixiert, hatte in den ersten Wochen und Monaten das Gefühl, ich müsste dieses frische, zarte Menschenwesen beschützen und umsorgen und mich nonstop um es kümmern – koste es, was es wolle. Mit aller Kraft – und einem ziemlichen Maß an „Selbstvernachlässigung“. Hinzu kamen Schlafmangel, der Babyblues und jede Menge Tränen (ja, auch Chips und Schokolade als „Seelentröster“, davon übrigens jede Menge). Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet, dass es so anstrengend werden würde … Eine Mischung aus Euphorie und Erschöpfung.
„Man kann das einfach nicht erklären!“
Meinen Freundinnen, die bereits Kinder hatten, kam das alles (und noch viel mehr) sehr bekannt vor. Warum zum Geier hatten sie mich nicht gewarnt?! „Weil man das nicht kann“, sagte eine enge Bekannte ganz nüchtern. „Ich kann einfach nicht in Worte fassen, was es bedeutet, Nachwuchs zu haben …“ Nicht einmal mehr die Zeit für ein „Hallo“ in den sozialen Netzwerken fand sie damals.
Fand ich das damals doof, ich konnte es einfach nicht verstehen. Zeit für ein „Hallo“ musste doch nun wirklich sein! Soviel kann man doch als „Neumutter“ gar nicht zu tun haben. Das Baby schläft doch fast nur, dann weint es, dann trinkt es, dann kackt es … oder? Fehlanzeige. Aber das weiß man eben tatsächlich erst dann, wenn es so weit ist.
Auf dem Sofa sitzen und Käffchen schlürfen? Nö.
Und dann beklagte sich eine meiner kinderlosen Freundinnen – so wie ich seinerzeit ohne Kids – immer stärker, dass ich so gar keine Zeit mehr für sie hatte. Ich hoffte auf ihr Verständnis, versuchte, mich zu erklären. Doch wie sollte sie mich verstehen; ich war doch „vorher“ ähnlich eingestellt gewesen wie sie. Ich hatte eben – so wie sie wohl auch – die Vorstellung, ich würde ganz oft auf dem Sofa sitzen, Kaffee trinken und dem Kleinen beim Spielen zusehen. Selig lächeln auch, ohne Frage. Und immer dann schlafen, wenn das Baby auch schläft. Pustekuchen. Aber, dass es so anstrengend werden würde … Nun gut, ich wiederhole mich.
Freundschaft has left the building …
Es kommt, wie es (zumindest in diesem Fall) kommen musste: Unsere Freundschaft zerbrach, obwohl ich fast schon verzweifelt versuchte, sie im Auge zu behalten. Ich war dann irgendwann zu müde (ich kann mich übrigens nicht an den Moment erinnern, an dem ich das letzte Mal so richtig schön energiegeladen wach war), sie zu enttäuscht von mir, die ich ihr nicht mehr die „nötige emotionale Nähe“ geben konnte, die sie bis zur Geburt meines ersten Kindes gewohnt gewesen war.
Hineinversetzen, zuhören und reden
Eine andere Freundschaft hingegen hat „das Ganze“ überlebt. Meine Freundin ist ebenfalls bis heute keine Mutter (sie möchte auch keine „in diese kaputte Welt“ setzen, und ich kann sie ehrlich gesagt verstehen), ich bin mittlerweile zweifache Mama, habe zwei Söhne im Alter von sieben und zehn Jahren.
Ganz offensichtlich hatten und haben wir beide ein großes Interesse daran, uns nicht zu „verlieren“ und uns als Freundinnen und Frauen verbunden zu bleiben – und das, obwohl ich so intensiv mit meinen beiden Kleinen beschäftigt war (und bin).
Unser Geheimrezept ist wohl dieses: Ehrliche Kommunikation. Wir beide versuchen, uns in die jeweils andere hineinzuversetzen und offen über alles zu reden, uns zuzuhören.
Unsere Freundschaft wurde sogar noch stärker
Ich bemühe mich, nicht zu oft und zu lange über meine Kinder zu reden, sie hingegen zeigt mir ihr Interesse, indem sie fragt, wie es den Knirpsen geht, was in unseren Leben gerade passiert, neugierig bleibt. Irgendwie hat sie akzeptiert, dass sie etwas „in den Hintergrund“ getreten ist, zumindest für eine (lange) Weile … Womöglich schafft sie es mit ihrem Selbstwertgefühl, zu verstehen, dass ich sie in meinem Herzen trage und mich ihr irgendwann wieder stärker zuwenden werde …
Wir treffen uns selten (manchmal kommt sie zu uns, erlebt „Familie in Aktion“), chatten oder telefonieren dann und wann, kommentieren unsere Statusmeldungen … Doch unsere Freundschaft – so fühlen wir beide es zumindest – ist durch die neu hinzugewonnenen Herausforderungen sogar noch stärker geworden.