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Mein Leben als Blondine

Als ich vier Jahre alt war, hatte ich tolle goldblonde Locken. Dafür erhielt ich viel Anerkennung, vor allem von anderen Mamas und den Tanten im Kindergarten. Im Laufe der Jahre änderte sich meine Haarfarbe von Dunkelblond über Hellbraun zu Mittelbrünett. Die Locken blieben – immer noch von vielen Menschen bewundert. Aber der „Rauschgoldengel“ war Geschichte.

Wer bin ich? Such mich! 1984 (!) im Kindergarten

Jetzt bin ich 43 und seit einem Jahr wieder Blond. Warum? Es war an der Zeit, etwas „Neues“ auszuprobieren. Fast mein gesamtes Leben lang war ich ja dunkelhaarig gewesen und hatte einfach Lust auf etwas Anderes. (Außerdem befinde ich mich volles Rohr in der Midlife-Crisis, aber das steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben und tut hier nicht so richtig viel zur Sache …)

Ich sah, las und hörte immer wieder, dass Männer „auf Blond stehen“. Und zwar sollen das „die meisten“ sein. Blondinen bevorzugt: Angefangen hat das mit dem angeblichen „Ideal“ von der Haarfarbe einer Frau aber wohl schon lange vor der süßen Marilyn und der heißen Pamela. Lange vor der Zeit der „künstlichen Blondinen“, wie ich jetzt eine bin.

Ich mag mein Haar, auch jetzt in Goldblond. Ich finde, die Farbe steht mir und erhalte fast nur positive Resonanz – die allerdings immer lautet: „Dir steht aber beides – hell und dunkel.“ Aber welche Haarfarbe war beziehungsweise ist nun „besser“? Auf diese Frage bekam ich durchweg ein Achselzucken als Antwort.

Woher kommt nun also dieses Klischee von der „ultimativen“ Blondine? Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass man helles Haar mit Jugendlichkeit assoziiert.

Die Zeitschrift „Elle“ bestätigt mein Empfinden fast: „Männer nehmen Blondinen im Vergleich zu anderen als jünger und gesünder wahr. Das ist … evolutionsbedingt. Denn da die Haarfarbe im Laufe des Lebens … dunkler wird, galt früher: Je heller die Haare, desto fruchtbarer die Frau. Der zweite Grund … Männer … schätzen sie als weniger treu ein und sehen in der vermittelten Bereitschaft, häufiger den Partner zu wechseln, erhöhte Erfolgschancen für den eigenen Flirt-Versuch.“

Die „Freundin“ enthüllt praktisch das Gegenteil: „In einer Umfrage mit über 1.900 TeilnehmerInnen gaben 67 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen an, dass sie braune Haare bevorzugen. Der Grund dafür soll sein, dass der Haarfarbe viele positive Eigenschaften wie Intelligenz, Unabhängigkeit und ein souveränes Auftreten zugeschrieben werden. Auch interessant: Braune Haare wurden unabhängig davon, ob sie gefärbt oder naturbelassen waren, präferiert.“

Tatsächlich ist es so, dass mich jetzt im „hellen Zustand“ nicht weniger oder mehr Männer anschauen oder Flirtversuche unternehmen. Es ist alles „bei der Alten“, haha. Was bleibt? Nur der persönliche „Geschmack“. Und über den lässt sich eben nicht streiten.

Es ist also an der Zeit, mit diesem saudämlichen Klischee aufzuräumen. Männer stehen auf Blond? Stimmt. Aber sie stehen eben auch auf Rotschöpfe, Brünett- und Schwarzhaarige. Stimmt nicht? Ihr kennt jemanden, der „seine Frauen“ ausschließlich nach der Haarfarbe wählt? Das, meine Lieben, ist dann sowieso kein richtiger Mann, sondern ein Vollpfosten. Und die ganze Liebesmüh ohnehin nicht wert.

Warum meine Kids nicht „alles“ haben dürfen

Vor Weihnachten dreht sich bei meinen beiden Kids vieles um mögliche Geschenke und den Wunschzettel. Und der wird gefühlt täglich überarbeitet … Dabei sollte es sich beim Fest der Liebe doch um ganz andere, nicht-materielle Dinge drehen – oder?

Jeden Tag ein anderer Wunsch

Zwei Wunschzettel liegen auf meinem Schreibtisch, einer zum Teil voller durchgestrichener Worte, einer mit Abbildungen aufgrund noch fehlender Schreibfähigkeiten. „Mama, ich wünsche mir doch lieber die Eisenbahn“, informiert mich mein Neunjähriger, als er in mein Arbeitszimmer huscht und sich wieder an seinem Schriftstück zu schaffen macht. Gestern war es noch etwas völlig anderes, aber „ich kann mich einfach nicht entscheiden.“

„Eins zu Weihnachten, eins zum Geburtstag“

Der Sechsjährige tut sich nicht ganz so schwer, er weiß „schon seit Tagen“, was er gerne hätte. Er sieht es total pragmatisch: „Mama, das andere wünsche ich mir dann zu meinem Geburtstag.“ Clever. P. schaut seinen kleinen Bruder prüfend an. „Gute Idee, K.! So mache ich das auch. Dann können wir ja beide Sachen bekommen.“ Tja, „Not“ macht eben erfinderisch. (Wo ist das Schulterzuck-Emoji?)

Vorfreude – die schönste Freude?

Dass meine Kinder nicht „alles“ haben können, dürfen und sollen, steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben: Ich erinnere mich daran, wie meine Eltern früher stets predigten: „Du solltest deine Spielsachen wertschätzen lernen, sie sind keine Selbstverständlichkeit. Es sind Luxusgüter, auch, wenn dir das nicht so vorkommt. In vielen Orten dieser Welt haben Kinder nicht einmal ein ganz kleines Spielzeug. Alles kostet Geld, und das müssen wir uns erst einmal erarbeiten.“

Das konnte ich verstehen, es leuchtete mir ein. „Außerdem“, so Mama und Papa, „wenn Du gleich alles hast, kannst du dich doch gar nicht mehr so freuen. Und gerade die Vorfreude ist doch so schön.“

Ihr könnt nicht „alles“ haben

Darüber habe ich als Mädchen lange nachdenken müssen und fand damals: Irgendwie hatten sie damit recht. Und es stimmte ja auch: Meine Spannung bis zum Fest stieg stetig.

Diese Denkweise meines Vaters und meiner Mutter habe ich in mein Mamasein übernommen und schon früh versucht, auch meinen Kindern zu vermitteln. Irgendwann hatte ich es geschafft, meine Bengelchen zu überzeugen: Vorfreude? Ja, ist toll. Nicht alles haben können? Nicht so toll, aber es ist nun einmal so.

Überforderung durch ein Zuviel

An Weihnachten vor einigen Jahren feierten wir bei Verwandten; für die Jungs gab ungewöhnlich viele Geschenke. K. – damals gerade einmal vier Jahre alt – rannte wie besessen von einem Päckchen zum nächsten. „Noch mehr auspacken!“ Daran erinnert sich auch mein Viertklässler noch heute sehr genau: „Mama, da hatte ich so viel, dass ich gar nicht wusste, womit ich mich zuerst beschäftigen soll, ich war total überfordert!“

Wertschätzung, Geduld – und Fantasie

Ich bin mir darüber im Klaren, wie wichtig Spielsachen für Kinder sind beziehungsweise sein können, versteht mich da bitte nicht falsch. Und ich weiß auch, wie stark Spielfiguren und Puppen und kindliche Identifikation zusammenhängen (können).

Aber: Wie können unsere Kinder Fähig- und Fertigkeiten wie Konzentration, Geduld und Wertschätzung erlernen und ausbauen, wenn sie mit Präsenten überschüttet werden? Denn genau darum geht es in meinen Augen doch: sich auf etwas einlassen können, sich damit auseinandersetzen, sich vertiefen – und ganz fantasievoll darin aufgehen.

Dieser Text erschien erstmals hier.
Foto: Schwägerlein Toni Polkowski

„Mama, ich will keine Hausaufgaben machen!“

Es gibt einfach Tage, an denen ist die Laune im Keller, nichts macht Spaß und es heißt nur noch Augen zu und durch. Das geht nicht nur uns Erwachsenen so. Auch Kinder haben manchmal „null Bock“ und überhaupt keinen Elan. So schaffen es meine beiden Grundschuljungs – ein Erst- und ein Viertklässler – und ich (meist) trotzdem, uns durch den Hausaufgabenberg zu quälen.

Genauso anstrengend wie ein Arbeitstag

„Mamaaa, ich will heute keine Hausaufgaben machen!“ Mein sechsjähriger Erstklässler kommt mittags nach der Schule zur Tür herein und stöhnt inbrünstig diesen Satz heraus. Wirklich so richtig schön theatralisch-demotiviert. Sein neunjähriger Bruder schweigt. Auch er sieht etwas müde und genervt aus. Ich verstehe die beiden, den ganzen Vormittag lang waren sie in der Schule; hier standen vor allem Lernen und Lärm auf der Tagesordnung – ganz schön anstrengend für die Zwerge.

Keinen „Bock“ auf Hausaufgaben

Das Mittagessen steht auf dem Tisch. Immerhin gibt es eines der absoluten Lieblingsessen der Kinder: Tortellini mit Rahmspinat und Fisch. K. und P. hauen kräftig rein, die Stille wird nur durch das Klappern und Klirren von Besteck, Tellern und Wassergläsern unterbrochen. Doch die Ruhe hält nicht lang an. Es geht wieder los: „Mama, ich hab keinen Bock auf Hausaufgaben.“ Diesmal ist es mein Viertklässler, der sich maulend über die schulischen Pflichten daheim beschwert …

Erst mal „chillen“

P. schlägt vor, erst einmal etwas anderes zu tun. Abstand gewinnen? Gute Idee. Basteln oder malen oder so? „Ja Mama, lass erst mal chillen.“ Ich muss grinsen. Wann ist der Kerl eigentlich so groß geworden? Irgendwie geht das wirklich ganz schön schnell … Wir starten mit ein paar Basteleien und gönnen uns dazu ein Hörbuch: „Die unendliche Geschichte“. Wunderbar. Ich vergesse zu schneiden und zu zeichnen, schaue aus dem Fenster, träume vor mich hin und schaue den Blättern beim Segeln auf die Wiese und die Dächer in der Ferne zu … Mein Herz wird weit. Ich bin gerade wirklich sehr zufrieden. Meine Söhne scheinen es auch zu sein.

Jetzt geht’s lohos …

So langsam aber drängt die Zeit. Es dämmert sogar schon. Mist. „Jetzt sollten wir aber so langsam mal mit den Hausaufgaben starten“. Ich. Ein Murren. „Och Maaann …“ K. „Passt mal auf“, höre ich mich sagen, „ich habe eine Idee.“ Neugierige, hoffnungsfrohe Kinderaugen. Ob sie um die Aufgaben herumkommen werden? „Ich mache uns was Schönes zu essen, Motivationsfutter!“ Okay, das war vielleicht nicht ganz das, was die Knirpse jetzt erwartet hatten, aber ich sehe: Das könnte wohl klappen. Leckereien gehen immer.

Ich beauftrage die Kinder, doch schon mal ihre Hefte, Bücher und Federmappen bereit zu legen, während ich Apfelschnitze schneide, sie hübsch auf einem Teller drapiere und sie um Gurkenscheiben, Salzstangen und ein paar Gummibärchen ergänze. Sieht ganz schön aus. Grün, Gelb, Orange, Braun … Ach, im Kühlschrank habe ich noch Heidelbeeren. Blau.

Schritt für Schritt

Die heutige Aufgabe für K.: Zahlen schreiben. Mein Erstklässler jammert bereits nach acht Neunen … Puh. Das ist aber auch eine stumpfe Aufgabe. Ich erinnere mich daran, dass mein Viertklässler das damals auch öde fand … Der ruft plötzlich: „Mama, ich kenn ein witziges Lied aus der Schule!“ Ach ja? Lass mal hören. „Mathe ist ein Aaarsch für mich, ich check die Zaaahlen nich …!“ Wow, das kannte ich tatsächlich noch nicht. Wir lachen alle, und dann geht es weiter mit dem Zahlenschreiben, Rechnen und Schreiben. Schritt für Schritt zum Ziel.

Dieser Text erschien erstmals am 25.11.2022 auf dem Online-Portal „Hallo:Eltern“.