Hilfe, mein Kind ist eine Naschkatze!

„Mama, ich will was Süßes!“ Kommt euch dieser Satz bekannt vor? Bei uns steht er jedenfalls an der Tagesordnung. Mein Kleinster ist eine absolute Naschkatze. Er kann einfach nicht genug vom Zuckerkram bekommen … Der Versuch einer „Problemlösung“.

K. ist ein Monster, ein sechsjähriges Süßigkeiten-Monster. Schokolade, Kaubonbons, Eis, Kuchen. Er liebt das Zeug. (Ich persönlich ziehe ja die herzhafte Kost vor: Cashews, Macadamia-Nüsse bieten Suchtpotential bei mir.) Ich erinnere mich daran, wie mein älteres Kind seinerzeit „mit der Karotte sozialisiert“ wurde. Er liebte es einfach, an dem orangen Gemüse herum zu lutschen und zu kauen. Und was war er zufrieden damit! Und mit Brokkoli!


Süß statt herzhaft

Brei gab es bei uns selten, wir machten das, was sich heute hochtrabend „Baby-led Weaning“ (heißt in etwa: eine vom/von der Kleinen selbst gesteuerte Still-Entwöhnung) nennt. Meine Kinder durften sich vom Tisch greifen, was sie interessierte. Natürlich achtete ich dabei darauf, dass es gute, vollwertige, „babygerechte“ Kost war.

Tja, und bei P. war das eben die Karotte. Und, was soll ich sagen: Bei K. musste die überreife Banane her. Ich saß nachmittags auf dem Sofa und aß eine dieser nahrhaften Früchte. Der Kleine kam zu mir gekrabbelt und zack, hatte er sie schon in der Hand. Sein Blick, als er zum ersten Mal die Banane annuckelte: unvergessen.

Matschbanane und Erdbeerpüree – juchhee

Und so ging es weiter: Während P. beherzt an gekochten Kartoffeln nuckelte, griff K. mit den Fingern mitten rein in den Milchreis (ja ja, natürlich ohne Industriezucker, aber dafür mit untergemixtem Bananen- oder Apfelmus). Ein ganz Süßer also. Und nun?

Süßhunger vermeiden durch „gute“ Lebensmittel

Es ist doch so: Je ausgeglichener der Blutzuckerspiegel der Zwerge, desto kleiner ihr Heißhunger auf Süßes. Daher lautet die „Regel“ hier: Haben die beiden Kinder „prima gegessen“ (Gemüse, Vollkornprodukte, gute Eiweißquellen et cetera perge perge, aufessen müssen sie dabei aber nicht) und ausreichend Wasser getrunken (an den Wochenenden darf es auch mal naturtrüber Apfelsaft sein), bekommen sie einen Nachtisch.

Zur Zeit lieben meine Bengelchen selbstgemachtes Eis. Das „Rezept“ ist unfassbar einfach: Kleine frostbeständige Behälter mit Apfelsaft füllen und in den Gefrierschrank stellen: Fertig ist das „Kratzeis“. Wer will, wählt stattdessen Eiswürfelbehälter in den verschiedensten Variationen und wartet, bis der Saft angefroren ist. Holzstäbchen rein, noch einmal in den Tiefkühler – et voilà: Eis am Stiel.


Kombination Süßes und „Gutes“

Ich versuche mich im Kombinieren der Süßigkeiten mit Früchten, Gemüse oder Joghurt. Das klappt recht gut. Wenn ich (meist mit den Kids zusammen) backe, verwende ich etwa ein Viertel weniger Zucker als in den entsprechenden Rezepten angegeben ist – oder ich rühre natürliche Süßungsmittel wie Datteln oder Honig unten. Egal wie: Schon allein die Tatsache, dass sie mitmachen dürfen, weckt in den Jungs echten Appetit.

Und sonst? Meine Zahnärztin riet übrigens, die Kinder „am Stück“ naschen zu lassen, also nicht immer mal wieder über einen längeren Tageszeitraum, sondern innerhalb weniger Minuten. Und dann? Zähne putzen. Klar – auch, wenn das nicht ganz so viel Spaß macht wie Naschen.

Dieser Text erschien am 16. November 2022 in etwas abgeänderter Form erstmal bei „Hallo:Eltern“.

Warum meine Kids nicht „alles“ haben dürfen

Vor Weihnachten dreht sich bei meinen beiden Kids vieles um mögliche Geschenke und den Wunschzettel. Und der wird gefühlt täglich überarbeitet … Dabei sollte es sich beim Fest der Liebe doch um ganz andere, nicht-materielle Dinge drehen – oder?

Jeden Tag ein anderer Wunsch

Zwei Wunschzettel liegen auf meinem Schreibtisch, einer zum Teil voller durchgestrichener Worte, einer mit Abbildungen aufgrund noch fehlender Schreibfähigkeiten. „Mama, ich wünsche mir doch lieber die Eisenbahn“, informiert mich mein Neunjähriger, als er in mein Arbeitszimmer huscht und sich wieder an seinem Schriftstück zu schaffen macht. Gestern war es noch etwas völlig anderes, aber „ich kann mich einfach nicht entscheiden.“

„Eins zu Weihnachten, eins zum Geburtstag“

Der Sechsjährige tut sich nicht ganz so schwer, er weiß „schon seit Tagen“, was er gerne hätte. Er sieht es total pragmatisch: „Mama, das andere wünsche ich mir dann zu meinem Geburtstag.“ Clever. P. schaut seinen kleinen Bruder prüfend an. „Gute Idee, K.! So mache ich das auch. Dann können wir ja beide Sachen bekommen.“ Tja, „Not“ macht eben erfinderisch. (Wo ist das Schulterzuck-Emoji?)

Vorfreude – die schönste Freude?

Dass meine Kinder nicht „alles“ haben können, dürfen und sollen, steht wieder auf einem anderen Blatt geschrieben: Ich erinnere mich daran, wie meine Eltern früher stets predigten: „Du solltest deine Spielsachen wertschätzen lernen, sie sind keine Selbstverständlichkeit. Es sind Luxusgüter, auch, wenn dir das nicht so vorkommt. In vielen Orten dieser Welt haben Kinder nicht einmal ein ganz kleines Spielzeug. Alles kostet Geld, und das müssen wir uns erst einmal erarbeiten.“

Das konnte ich verstehen, es leuchtete mir ein. „Außerdem“, so Mama und Papa, „wenn Du gleich alles hast, kannst du dich doch gar nicht mehr so freuen. Und gerade die Vorfreude ist doch so schön.“

Ihr könnt nicht „alles“ haben

Darüber habe ich als Mädchen lange nachdenken müssen und fand damals: Irgendwie hatten sie damit recht. Und es stimmte ja auch: Meine Spannung bis zum Fest stieg stetig.

Diese Denkweise meines Vaters und meiner Mutter habe ich in mein Mamasein übernommen und schon früh versucht, auch meinen Kindern zu vermitteln. Irgendwann hatte ich es geschafft, meine Bengelchen zu überzeugen: Vorfreude? Ja, ist toll. Nicht alles haben können? Nicht so toll, aber es ist nun einmal so.

Überforderung durch ein Zuviel

An Weihnachten vor einigen Jahren feierten wir bei Verwandten; für die Jungs gab ungewöhnlich viele Geschenke. K. – damals gerade einmal vier Jahre alt – rannte wie besessen von einem Päckchen zum nächsten. „Noch mehr auspacken!“ Daran erinnert sich auch mein Viertklässler noch heute sehr genau: „Mama, da hatte ich so viel, dass ich gar nicht wusste, womit ich mich zuerst beschäftigen soll, ich war total überfordert!“

Wertschätzung, Geduld – und Fantasie

Ich bin mir darüber im Klaren, wie wichtig Spielsachen für Kinder sind beziehungsweise sein können, versteht mich da bitte nicht falsch. Und ich weiß auch, wie stark Spielfiguren und Puppen und kindliche Identifikation zusammenhängen (können).

Aber: Wie können unsere Kinder Fähig- und Fertigkeiten wie Konzentration, Geduld und Wertschätzung erlernen und ausbauen, wenn sie mit Präsenten überschüttet werden? Denn genau darum geht es in meinen Augen doch: sich auf etwas einlassen können, sich damit auseinandersetzen, sich vertiefen – und ganz fantasievoll darin aufgehen.

Dieser Text erschien erstmals hier.
Foto: Schwägerlein Toni Polkowski

„Mama, ich will keine Hausaufgaben machen!“

Es gibt einfach Tage, an denen ist die Laune im Keller, nichts macht Spaß und es heißt nur noch Augen zu und durch. Das geht nicht nur uns Erwachsenen so. Auch Kinder haben manchmal „null Bock“ und überhaupt keinen Elan. So schaffen es meine beiden Grundschuljungs – ein Erst- und ein Viertklässler – und ich (meist) trotzdem, uns durch den Hausaufgabenberg zu quälen.

Genauso anstrengend wie ein Arbeitstag

„Mamaaa, ich will heute keine Hausaufgaben machen!“ Mein sechsjähriger Erstklässler kommt mittags nach der Schule zur Tür herein und stöhnt inbrünstig diesen Satz heraus. Wirklich so richtig schön theatralisch-demotiviert. Sein neunjähriger Bruder schweigt. Auch er sieht etwas müde und genervt aus. Ich verstehe die beiden, den ganzen Vormittag lang waren sie in der Schule; hier standen vor allem Lernen und Lärm auf der Tagesordnung – ganz schön anstrengend für die Zwerge.

Keinen „Bock“ auf Hausaufgaben

Das Mittagessen steht auf dem Tisch. Immerhin gibt es eines der absoluten Lieblingsessen der Kinder: Tortellini mit Rahmspinat und Fisch. K. und P. hauen kräftig rein, die Stille wird nur durch das Klappern und Klirren von Besteck, Tellern und Wassergläsern unterbrochen. Doch die Ruhe hält nicht lang an. Es geht wieder los: „Mama, ich hab keinen Bock auf Hausaufgaben.“ Diesmal ist es mein Viertklässler, der sich maulend über die schulischen Pflichten daheim beschwert …

Erst mal „chillen“

P. schlägt vor, erst einmal etwas anderes zu tun. Abstand gewinnen? Gute Idee. Basteln oder malen oder so? „Ja Mama, lass erst mal chillen.“ Ich muss grinsen. Wann ist der Kerl eigentlich so groß geworden? Irgendwie geht das wirklich ganz schön schnell … Wir starten mit ein paar Basteleien und gönnen uns dazu ein Hörbuch: „Die unendliche Geschichte“. Wunderbar. Ich vergesse zu schneiden und zu zeichnen, schaue aus dem Fenster, träume vor mich hin und schaue den Blättern beim Segeln auf die Wiese und die Dächer in der Ferne zu … Mein Herz wird weit. Ich bin gerade wirklich sehr zufrieden. Meine Söhne scheinen es auch zu sein.

Jetzt geht’s lohos …

So langsam aber drängt die Zeit. Es dämmert sogar schon. Mist. „Jetzt sollten wir aber so langsam mal mit den Hausaufgaben starten“. Ich. Ein Murren. „Och Maaann …“ K. „Passt mal auf“, höre ich mich sagen, „ich habe eine Idee.“ Neugierige, hoffnungsfrohe Kinderaugen. Ob sie um die Aufgaben herumkommen werden? „Ich mache uns was Schönes zu essen, Motivationsfutter!“ Okay, das war vielleicht nicht ganz das, was die Knirpse jetzt erwartet hatten, aber ich sehe: Das könnte wohl klappen. Leckereien gehen immer.

Ich beauftrage die Kinder, doch schon mal ihre Hefte, Bücher und Federmappen bereit zu legen, während ich Apfelschnitze schneide, sie hübsch auf einem Teller drapiere und sie um Gurkenscheiben, Salzstangen und ein paar Gummibärchen ergänze. Sieht ganz schön aus. Grün, Gelb, Orange, Braun … Ach, im Kühlschrank habe ich noch Heidelbeeren. Blau.

Schritt für Schritt

Die heutige Aufgabe für K.: Zahlen schreiben. Mein Erstklässler jammert bereits nach acht Neunen … Puh. Das ist aber auch eine stumpfe Aufgabe. Ich erinnere mich daran, dass mein Viertklässler das damals auch öde fand … Der ruft plötzlich: „Mama, ich kenn ein witziges Lied aus der Schule!“ Ach ja? Lass mal hören. „Mathe ist ein Aaarsch für mich, ich check die Zaaahlen nich …!“ Wow, das kannte ich tatsächlich noch nicht. Wir lachen alle, und dann geht es weiter mit dem Zahlenschreiben, Rechnen und Schreiben. Schritt für Schritt zum Ziel.

Dieser Text erschien erstmals am 25.11.2022 auf dem Online-Portal „Hallo:Eltern“.

Wenn Kinder „es“ wissen wollen …

Ich weiß gar nicht mehr genau, wann das eigentlich angefangen hat mit „der Fragerei“. War P. da sechs oder sieben Jahre alt? Ich kann mich wirklich nicht an sein genaues Alter erinnern, an die konkrete Frage hingegen schon. „Mama, woher kommen die Babys?“

Meine Antwort war kurz, aber anscheinend erst einmal gut genug: „Wenn ein Mann und eine Frau sich körperlich lieben, kann es passieren, dass die Frau schwanger wird.“ Ich sehe seine kugelrunden Augen noch vor mir, sein fragendes Gesicht. Stellte er sich jetzt zwei umarmende Erwachsene vor? Die vielleicht wild herumknutschen und sich berühren? Geschürzte Lippen bei meinem Kind – dann rannte er wieder davon, sein Lego wartete schließlich … Als er dann etwas älter war, vielleicht so acht, wollte er es ganz genau wissen – und so „packte ich dann mal aus“ (schönes Wortspiel in diesem Zusammenhang, nicht wahr?) …

„Kindern die Scheu vor Fragen nehmen“
Ach: Übrigens hatte ich mich kürzlich – diese Kolumne zum Anlass nehmend – einmal in den sozialen Medien bei den anderen Eltern umgehört, wie die „das“ mit der Aufklärung denn so handhaben. Erstaunlicherweise erhielt die Anfrage an sich viele Likes, kommentiert hat dann jedoch tatsächlich nur Frank G. aus Baden-Württemberg – Vater vierer Kinder. Aber was er zu sagen hat, ist wichtig, zählt im Prinzip doppelt: „Wir sollten den Kindern die Scheu vor dieser Art von Fragen nehmen, offen und ehrlich antworten – natürlich auf dem jeweiligen Niveau des Kindes.“ Kann ich persönlich nur unterstreichen.

Geschlechtsteile und „der Akt“
Und wie habe ich „das mit der Aufklärung“ nun gemacht? Zunächst einmal beschrieb ich meinem damals etwa achtjährigen Sohn etwas genauer die primären und sekundären Geschlechtsorgane von Jungen und Mädchen, von Männern und Frauen – und wie diese sich im Laufe der Zeit verändern. Das fand er spannend und stellte noch so diese oder jene Frage zu den jeweiligen anatomischen Besonderheiten des weiblichen und männlichen Geschlechts. Als ich zum „Akt“ an sich kam – Ge-schlechts-ver-kehr! (Hähä!) – runzelte er etwas die Stirn. Das wiederum brachte nun mich zum Lachen, und so erklärte ich beschwichtigend: „Ja, das klingt ein bisschen seltsam, ich weiß. Und ich kann mich noch daran erinnern, wie verwirrt ich damals war, als ich das erfuhr – aber neugierig wie Du jetzt! Glaub mir einfach, wenn ich Dir sage: Sex ist schön und macht Spaß.“

„Wahrheit oder Pflicht?“
Inzwischen weiß ich natürlich von P.s Berichten aus der Schule, wie „heiß“ es unter den neun- und zehnjährigen Grundschüler:innen bezüglich dieses Themas zugehen kann – und bin froh, dass er „Bescheid“ weiß. (Ausgrenzung ist ja auch wieder so ein Thema für sich … *seufz*)
Unwissend inmitten einer Horde präpubertärer Kids? Oh oh … (genau, ihr wisst schon, was ich meine). Und dann gibt es da ja auch noch Spielchen wie „Wahrheit oder Pflicht?“. (An dieser Stelle verdrehe ich einfach nur mal demonstrativ die Augen, ja?)

Sex – eines der schönsten Dinge der Welt
Hat Frank dazu noch etwas Hilfreiches zu sagen? Auf jeden Fall dies: „Ich sage meinen Kindern auch, dass sich Gefühle im Lauf des Erwachsenwerdens verändern und dass Sex für mich etwas ist, das mit dem Austausch von Gefühlen und Zärtlichkeit zu tun hat. Und dass die Art, wie sich Mama und Papa lieben, doch etwas anders ist als unseren Elternliebe für sie.“ Und – ganz wichtig: „Dass Sex zu den schönsten Dingen der Welt zählt.“
Ja, denke ich, genau so, prima! Und: Schade eigentlich, dass die „Fortpflanzung“ – Sex, Sex, Sex! – noch immer so ein schambehaftetes Tabuthema ist. Wie viel offener könnte eine Gesellschaft sein, gingen wir unseren Kids gegenüber damit unverkrampfter – und natürlicher! – um?

Plötzlich vierte Klasse: Mein Junge wird groß!

Die Sommerferien 2022 sind vorbei, mein „Großer“ ist jetzt schon ein Viertklässler – und wirkt dabei auf einmal so erwachsen. Wann ist das eigentlich passiert?

Auf einmal sind sie groß

Da steht er vor mir: vom Kindchenschema nur noch in Ansätzen eine Spur. Groß ist er geworden – und so schlaksig, naja: eher drahtig, mit langen, dünnen Beinen und Armen. Die Haare trägt er über schulterlang, schiebt sie sich lässig zur Seite. In dieser Sache ist er sogar ein richtiges Vorbild für andere Jungs geworden. Neulich schrieb mich die Mama eines Kumpels an: „A. möchte jetzt auch so langes Haar wie Dein Sohn.“ (War sie begeistert oder nicht so? Egal.) Ich schweife ab, bin stolz, na klar.

Eine neue Reife ist erreicht

Heute feiert P. seinen neunten Geburtstag nach, und ich beobachte ihn und die anderen Kids. Einige kenne ich seit der gemeinsamen Kindergartenzeit. Einer der Jungen ist mittlerweile knapp zehn Jahre alt, ebenfalls in der vierten Klasse und trägt Schuhe in der Größe 41 (ja, ich habe heimlich die Sohlen beschaut, weil sie mir echt groß vorkamen). Da kann ich nur noch staunen: Damit hat er mich in Sachen Fußlänge eingeholt. Auch sonst wirkt der in meiner Erinnerung eher „rabaukige“ Knabe jetzt ruhiger, erwachsener. Und auch mein Kind hat eine ganz neue Reife erreicht – in Sachen Körper und Geist.

Wie schnell er rennen und Radfahren (und rechnen) kann! Fast alles, was er unternimmt, wird zu einem kleinen Wettbewerb aufgebauscht. Kräfte und Energien messen stehen bei ihm und seinen Altersgenossen ganz hoch im Kurs. (Der kleine Bruder hat es da manchmal ganz schön schwer hinterherzukommen – und jammert. Da muss ich durch.)

Vergleich und Wirkung sind wichtig geworden

P. denkt rationaler, vergleicht sich jetzt wesentlich mehr mit seinen Freunden, unterscheidet ganz offenkundig stärker zwischen ihnen und sich selbst. Mein „Söhnchen“ versteht immer besser, dass es andere Wahrheiten gibt und es nicht nur seine eigenen sind, die zählen oder die richtigen sind. Sicher ist dies keine leichte Erkenntnis. Nichtsdestotrotz ist ihm zurzeit die Meinung der Freunde und Freundinnen besonders wichtig.

Ein Beispiel: Eigentlich lege ich ihm morgens die Klamotten raus, doch immer häufiger kommt es vor, dass er sie gegen andere tauscht, weil die eine Hose oder der andere Pullover „nicht mehr so cool“ aussehen. Schmunzelnd und staunend stelle ich fest: Der Weg zur Pubertät wird hier wohl gerade geebnet … Ich erinnere mich selbst noch sehr gut an meine eigene.

Stärkeres Mitgefühl für die anderen

Auch eine ziemlich krasse Entwicklung in Sachen Mitgefühl konnte ich beobachten: Als ich neulich Bauchweh hatte und im Bett lag, brachte P. mir sein Körner-Krokodil. Zuvor hatte er es in die Mikrowelle gelegt und für mich erwärmt. Seine beiden Lieblingskuscheltiere – zwei Hammerhaie – legte er ebenfalls zu mir. „Damit Du nicht alleine bist.“ Und das bin ich jetzt häufiger, denn seine Freizeit möchte er natürlich lieber mit seinen Kumpels verbringen … (Ja, auch das gehört dazu: Er erlangt immer mehr Unabhängigkeit von mir. Es ist schön für mich, das zu erleben. Etwas Wehmut mischt sich bei. Die gestehe ich mir aber zu – nach „allem“ …)

Regeln, Regeln, Regeln – und Konsequenzen?

Im Freundeskreis haben die Kids ihre eigenen Regeln, denen sie folgen. Oft fragt mich P., was er tun soll, wenn jemand dagegen verstößt: Soll er seinem Freund noch mal verzeihen, wenn der fies zu ihm war? Ist es die Freundschaft wert? Fragen über Fragen …

Durch das gemeinsame Spielen, das Einhalten und eben Nichteinhalten dieser Regeln und durch das Experimentieren mit eigenen und fremden Grenzen lernen die bald Halbstarken, sich pragmatisch zu verhalten sowie mit Selbstzweifeln, Launen und Frust umzugehen.

Ich darf das alles (und noch viel mehr) gerade erleben, und ehrlich gesagt kostet es mich Einiges an Anstrengung, das aus- und durchzuhalten.

Aber ich sehe ja, wie es P. Schritt für Schritt richtig gut gelingt, (mit Unterstützung seiner Eltern, selbstredend) seinen eigenen, individuellen Weg zu finden.

Mensch, denke ich bei mir, als ich meinen Sohn inmitten der anderen Kinder auf seiner Geburtstagsparty herumtollen sehe, wann ist er eigentlich so groß und so reif geworden? Verdammt, gefühlt trank er doch erst vorgestern an meiner Brust und knüpfte gestern oder so mit drei Jahren im Kindergarten seine ersten Freundschaften …

Mensch, was bin ich stolz auf den – gar nicht mehr so knirpsigen – Knirps.

Dieser Text erschien erstmal am 20. September 2022 bei „Hallo:Eltern“.

Mein Leben mit Söhnen