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Hilfe, mein Kind erstickt! Ach nee, doch nicht …


So bleibst – oder wirst – Du gelassener im Umgang mit Deinem Kind

Als Eltern immer cool und gelassen durch eine Welt mit Kindern zu gehen, ist unmöglich. Sprechen wir es doch einmal aus, wie es ist: Manchmal würden wir vor Angst, Verzweiflung und Wut – oder auch Trauer – am liebsten losbrüllen oder aufgebracht auf der Stelle hüpfen wie unsere Kids. Macht das doch mal. Nur nicht unbedingt vor dem Kind? Genau, aber auch das passiert leider – und ist danach nicht mehr zu ändern. Als Mama zweier Jungs im Grundschulalter rate ich: Schau lieber nach vorn – und wie Du es vermeiden kannst, Dein Kind andauernd anzuschreien. Bleibe Du selbst und verbiege Dich (und Deine Gefühle!) nicht.

Ein Leben mit Kindern verändert uns: Wir werden ängstlicher, vorsichtiger, aber auch gelassener. Das passiert ganz automatisch, stimmt’s? (Na okay, das mit der Gelassenheit üben wir stetig.)
Es gibt so einige Erinnerungen an Situationen mit meinen beiden Jungs, die mich haben „ernster“ und „erwachsener“ werden lassen – und die einen Schleier der Reife über mich gelegt haben. (Dass ich trotzdem noch die totale „Rumalber-Suse“ bin, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.)

Hilfe, mein Kind erstickt!
Spätherbst 2015. Einkaufen im Supermarkt. Mein Zweijähriger sitzt vorn im Einkaufswagen und knabbert gemütlich und sein Umfeld musternd an einem kleinen Rundkäse. Essen und gucken: So hat er es am liebsten. Tja, wer nicht … ? Und ich? Lege von hier einen Joghurt und von dort ein paar Nüsse in den Einkaufswagen. Oh, ja, Brokkoli noch. Ein ziemlich entspannter Einkauf ist das heute. Und wirklich so verdächtig ruhig … ? Einen Blick in das rot anlaufende Gesicht meines kleinen Jungen, und so gar nichts ist mehr entspannt … Er hat sich verschluckt und kämpft!

Unheimlich „Heimlich“ … und weiter geht’s – einfach so
Ohne zu zögern wende ich den „Heimlich-Handgriff“ an, will schon laut rufen: ‚Hilfe, mein Kind erstickt!‘ Da fängt der Knirps auch schon an zu husten, und ich bekomme das Käsestückchen in seinem Mund direkt zu fassen. Das war’s. Ich fasse es nicht, zittere jetzt am ganzen Körper. Der Kleine hat seine rosige Gesichtsfarbe wieder, schaut mich aus kugelrunden Augen an. „Maaama, noch ein’n!“ Was … „Käse“? Er nickt mit schnellen Kopfbewegungen, fröhlich. Das gibt es doch einfach nicht. WIR wären fast krepiert … !
„Aber schön vorsichtig essen, Spatz“, höre ich mich sagen, als ich ihm das beliebte Nahrungsmittel (Tötungsmittel wohl eher!!) reiche. Mit schlotternden Knien gehe ich weiter. Ganz ehrlich? „Cool“ geht für mich eben nicht immer … Aber in anderen Situationen werde ich im Laufe der Zeit immer geübter. Zum Beispiel, wenn ich wütend werde. Schau mal.

Fassung wahren? Raum verlassen
Wenn ich merke, dass ich kurz davor bin, vor Wut meine Fassung zu verlieren, wende ich zunächst eine einfache Strategie an: Ich zähle bis zehn (ja, auch mal bis 20 …). Manchmal beruhige ich mich, manchmal klappt es einfach nicht. In diesem Fall verlasse ich schnurstracks das Zimmer. Meine Kinder werden im kommenden Sommer zehn und sieben, da rennen sie mir nicht mehr hinterher, wenn sie sauer sind. Aber das kam in der Vergangenheit vor. Ich ging dann im schlimmsten Fall ins Bad und schloss für einige Augenblicke die Tür (ab). Ich hielt mir die Ohren zu und atmete tief durch, Worte vor mich hinbrabbelnd wie „Es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur ein kleiner Junge …“

Verzweifelt, traurig, wütend? Ab nach draußen!
Ich erinnere mich auch daran, dass ich mir einfach meine beiden Zwerge schnappte und wir auf einen Spielplatz gingen oder fuhren. Frische Luft tanken, Sauerstoff fördert die Durchblutung – und beruhigt. Herumrennen, Natur belauschen. Meist fühlten wir uns alle danach sehr viel besser. (Übrigens: Die Betten machen ist auch eine gute Idee: mit Schmackes die Kissen schlagen! Das tut so gut, probier’s ruhig mal aus!)

Wir sind ja sowas von „tolerant“ – aber brauchen eigentlich mal Ruhe
Es ist doch so: Unser „schlechtes Gewissen“ lässt uns Eltern oft Dinge tun, die wir eeeigentlich gar nicht wollen. „Mama, spielen wir Fußball?“ Ich will nicht, und ich muss/wollte doch noch arbeiten … „Na gut, aber nur eine Runde.“ Oder: „Papa, wollen wir Tiere kneten?“ Nee, das ist mir jetzt zu matschig, und eigentlich wollte ich Sport machen … „Okay, aber nur ein par Minuten.“ Haben wir das jetzt echt laut gesagt?? Fakt ist: Wir Papas und Mamas bemerken es zunächst fast nicht, aber es stauen sich im Laufe der Minuten, Stunden, Tage … Aggressionen an (ihr wisst schon: der Tropfen und das Fass und so), die sich dann irgendwann eben brüllend ihren Weg nach außen bahnen. (Und der Tropfen war dann meist wirklich richtig klein.)

Teile auch DEINE Bedürfnisse mit
Arbeit oder/und Sport sollte manchmal schon etwas warten, schließlich wollt ihr ja auch für eure Kinder präsent sein. Aber … Ihr wollt jetzt doch lieber Lego mit euren Kids bauen statt kneten und kicken? Sagen, machen! Oder ihr seid müde und möchtet einfach ausruhen?
Auch das darf ich doch äußern. Ich bin nicht die Sklavin oder Dienerin meiner Kinder. („Doch, Mama, bist Du!“ Haha, selten so gelacht!)

Freunde, Freunde, nochmals Freunde … !
Extrem wichtig: Rede mit einem Freund oder einer Freundin, lass den ganzen Scheiß (sorry aber: SCHEISS!) einfach einmal raus. Lästere so richtig ab über Deine Kinder, Deine(n) – nicht vorhandene(n) – Partner/-in, Deinen Job und all das, was Dir zu viel ist oder zu wenig – wenn Du es brauchst. Mir tut das irre gut. Wenn Du allerdings merkst, dass das nicht hilft und beispielsweise die Wut auf Dein Kind oder andere belastende Gefühle in Dir schon fast zu einem Dauerzustand geworden sind: Lass Dir bitte helfen, zum Beispiel in einer Erziehungsberatungsstelle – Dir und Deiner Family zuliebe. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich bin seit meiner Jugend depressionskrank und rede in der Öffentlichkeit darüber. Zum Beispiel jetzt. Und es hilft.

Zwischen Faszination, Freude und Furcht – wie es ist, ein Papa zu sein


Ein Vater berichtet aus seinem Alltag mit drei Töchtern

Wie fühlt es sich eigentlich an, Vater zu sein? Was ist toll dran und was eher nicht so? Was treibt so ihn um – und an?
Kürzlich hatte ich einen richtig tollen Papa im Interview: Thomas, 41 Jahre alt, freier Autor von Hörspielen, Hörbüchern, Romanen und gegenwartsliterarischen Texten aus Geesthacht – und war ehrlich überrascht von seinen aufrichtigen Antworten auf meine doch ziemlich persönlichen Fragen.

Thomas, Du bist gerne Papa. Oder?
Ja, meistens. Meine Frau und ich haben zwei Pflegetöchter mit starken Bindungsstörungen im Alter von zwölf und elf Jahren sowie ein leibliches Kind, ein Mädchen von vier Jahren. Sie sind alle drei grundverschieden, das ist spannend: Während die eine total strebsam ist, nimmt die andere Manches gerne auf die leichte Schulter und glaubt, das Glück stets auf ihrer Seite zu haben. Und unsere Kleinste entdeckt und erkundet gerade die Welt. Die jeweiligen Entwicklungen der Kinder zu beobachten und zu erleben, das ist natürlich klasse und ein echtes Privileg.

Gibt es neben all der Faszination und Freude auch Dinge, die Dir als Vater Angst machen?
Na klar, alle Eltern haben doch so ihre Sorgen. Ich bin so stolz auf meine Mädchen und glücklich, sie zu haben. Aber da ist auch immer mal mehr und mal weniger unterschwellig die Urangst, ihnen könnte etwas geschehen – oder sie könnten an die „falschen“ Leute geraten. Obwohl ich der Meinung bin, sie müssen viele Erfahrungen selbst machen, möchte ich sie doch immer wieder beschützen und behüten.

Wie gehst Du mit dieser Sorge um?
Ehrlich gesagt ist es eine Gratwanderung zwischen: sie „einsperren“ wollen und sie allein in die Welt hinaus gehen lassen.
Vielleicht erzähle ich an dieser Stelle eine kleine Anekdote, um es etwas verständlicher zu machen: Ich war mit einigen Kumpels unterwegs. Es kam eine junge Frau auf uns zu, sehr attraktiv. Meine Ehefrau war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger mit unserem dritten Mädchen. Meine Kumpels so über die Fremde: „Wow, was für ein Geschoss!“ Und so weiter. Da dachte ich nur: „Auf solche Typen wird eine unserer Töchter auch mal stoßen.“ Andererseits sind meine Kumpels allesamt selbst tolle Väter und prima Ehemänner. Dennoch: Für mich fühlt es sich an wie ein Tanz auf dem Vulkan.

Verstehe. Und sie werden so schnell groß, unsere Kids, nicht wahr? Wie geht es Dir damit?
Es ist doch verrückt oder? Mir fällt da ehrlich gesagt immer Reinhard Mey mit seinem Song „Kleines Mädchen“ ein. Er beschreibt darin, wie sein kleines Mädchen gestern noch Schutz auf seinem Schoß suchte und heute als junge Frau bereits Bänder im Haar hat. Es trifft mich immer wieder und macht mich glücklich und traurig zugleich. Meiner Frau geht das übrigens auch so.

Ja, alles hat eben mindestens zwei Seiten … Da werden wohl die allermeisten Eltern wehmütig. Darf ich fragen, wie es um eure Paarbeziehung steht, seit ihr Kinder habt?
Wir sind seit 21 Jahren ein Paar, meine Frau war zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens gerade einmal 18 und ich 20 Jahre alt. Das ist natürlich eine lange Zeit zusammen. Sie ist Lehrerin und Künstlerin, es ist unglaublich, was sie alles auf die Beine stellt. Als Team sind wir wirklich spitze, ziehen an einem Strang und haben gemeinsame Ziele …

Höre ich da ein „Aber“ heraus?
Naja, wir haben offen gestanden kaum Zeit für uns beide – und uns wahrscheinlich deshalb etwas aus den Augen verloren – auch sexuell. Das macht mich ziemlich traurig. Wir Eltern bauen uns leider immer wieder eigene Gefängnisse und vergessen, wie man die Türen öffnen kann: Die Miete muss gezahlt werden, die Kinder haben Hunger, wollen spielen und beschäftigt werden … Meine Frau möchte malen, ich möchte auf Konzerte oder reisen. Hach, da sind viele Bedürfnisse, die da aufeinanderprallen. Wir haben uns selbst Ketten angelegt, die wir wachsen lassen, um es einmal mit Charles Dickens zu sagen.

Ich glaube, das geht doch aber den meisten Menschen in Langzeitbeziehungen so – nicht nur denen mit Kindern. Oder?
Ja, das denke ich auch. Leider. Eine Patentlösung gibt es da wohl nicht. Jedes Paar muss selbst schauen, wohin es der Weg führt. Oder was meinst Du?

Mhm … ja. Zum Glück bin ich heute nur die Fragestellerin … Ich sage nur „Coolidge“ … Wollen wir das einmal so stehen lassen?
Gern. Es ist nun einmal so.

Danke, lieber Thomas, für das offene Gespräch.
Besten Dank zurück, gern wieder.

Zum ersten Mal allein auf Klassenfahrt – und alle drehen durch

Mein fast Neunjähriger fährt zum ersten Mal für drei Tage mit der Klasse weg. Es geht zur Thülsfelder Talsperre. Vor allem die Mamas in meinem Umfeld machen sich total verrückt, während ich mich eher frage: Bin ich eine schlechte Mutter, weil ich mir fast keine Sorgen oder zumindest Gedanken mache und darauf vertraue, dass die Lehrerinnen das alles schon deichseln werden?“

„Der Abschied wird ihm so schwerfallen, das weiß ich jetzt schon!“ – „Was, wenn sie abends weint und nach Hause will?“ – „Ob er sich ernsthaft verletzen wird? Er ist doch so ein wilder Strick!“ – „Und was, wenn sie nicht einschlafen kann?“
Schon im Vorfeld zur Klassenfahrt machen sich die Muttis der Kinder aus den Klassen 3a und 3c mit derartigen Fragen völlig fertig. Und sie tun mir auch ein bisschen Leid, denn immerhin reden wir hier von der allerersten Klassenfahrt im Leben unserer um die neunjährigen Schützlinge. Und während die Frauen so klagen und bangen, stehe ich etwas eingeschüchtert daneben und frage mich ernsthaft, ob mit mir etwas nicht stimmt, weil ich mir keine Sorgen machen.

Giraffenaffen und Gespräche
Beim Packen drehen P. und ich die „Giraffenaffen“ lauter und legen – oder werfen – in den Koffer, was er so alles braucht: Klamotten für drei Tage (und einmal Ersatz, ihr wisst schon), Handtücher, Waschlappen und Seife, Zahnbürste und -creme, Badehose und -kappe (er hat langes Haar), Buch und so weiter und so fort. Wir haben ziemlich gute Laune. Und doch merke ich, dass er selbst sich natürlich sehr mit dem Thema „ich allein auf weiter Fahrt“ auseinandersetzt. „Mama, ich habe ein bisschen Angst …“ Klar hast Du das, hatte ich auch … „Davor, dass ich nach Hause möchte.“ Verstehe ich und schnappe mir den kleinen Kerl für ein aufheiterndes Gespräch mit gedanklichen Lösungsansätzen für seine Befürchtungen. Und weil seine Mutter eine fürchterliche „Übertreiberin“ ist, beginnt er schon wieder zu kichern.

Planschen, Pups und … Periode
Wie stolz er hinterher sein wird, dass er das geschafft hat! Das denke ich nicht nur, sondern spreche es laut vor meinem Söhnchen aus. Weil ich noch genau weiß, wie es sich anfühlt. Und ich denke zurück an meine allererste Klassenfahrt mit neun Jahren nach Prerow. Fischland Darß, wie wunderschön das war, wie aufregend … Ich erzähle meinem kleinen, doch schon ziemlich großen Jungen, was wir Kinder dort alles erlebten: wie wir im Meer schwammen, am Lagerfeuer saßen, Würstchen und Kartoffeln grillten, wie wir abends im Bett über unsere Pupse lachten. Ja sogar, wie ein fast zehnjähriges Mädchen während des Aufenthalts zum ersten Mal ihre Periode bekam … P. staunt. Er bekommt schon lange mit, dass seine Mama dann und wann blutet. Aber dass das schon so jungen Mädchen passieren kann, ist neu für ihn, und er bleibt etwas an dem Thema kleben. Er fragt interessiert, ich antworte geduldig. Dieses Gespräch dort auf seinem Kinderzimmerfußboden werde ich nie vergessen. Und auch nicht die Dankbarkeit, die ich in diesem Augenblick fühlte: Ich habe als „Jungsmama“ die ziemlich einmalige Chance, meinen beiden Bengelchen „die Welt der Frauen und Mädchen“ zu erklären – und dabei aufzuräumen: mit vielen blöden Klischees und Halbwahrheiten bis Dummheiten, die über das weibliche Wesen kursieren.

Es geht los!
Am Tag der Abreise ist P. ganz hibbelig. Verständlich, denn gleich geht es los! Ich bringe ihn überpünktlich zum Busbahnhof der Schule. Wir schauen zu, wie die Kinder nach und nach eintrudeln und dann auch die Klassenlehrerin. Sie nimmt wichtige Dokumente entgegen und prüft, wer schon anwesend ist. P. gibt mir einen Kuss und rennt mit den anderen Kids auf den Pausenhof. Einfach so. Ganz einfach. Okay, jetzt wird mir doch ein bisschen seltsam ums Herz. Ich schaue ihm noch eine Weile nach, mache einmal laut „hm“ und gehe gedankenversunken nach Hause …
Einen Tag später berichtet die Klassenlehrerin per E-Mail von einem kleinen (nicht wilden) Vorkommnis und schickt uns Eltern ein Foto: Darauf planschen planschen die Kids vergnügt in flachem Gewässer. Ich seufze und freue mich auf P.s ausführlichen Bericht (in dem es später um die Übernachtungen mit stundenlangen Gequatsche, das Baden im See und – ja – auch ein bisschen Heimweh gehen wird.)

Unsere Ängste als Erstlingseltern – und wie wir damit umgehen können

Als wir nach der Geburt unseres ersten Kindes von der Klinik nach Hause fuhren, brabbelte mein Mann leise (aber nicht leise genug) vor sich hin: „Hoffentlich kriegen wir den durch.“ Ich schaute auf unser gemeinsames Baby – und verstand den Papa sofort: so viel Liebe, so viel Nähe, so viel Angst … und das rund um die Uhr.

Panik, Panik, Panik – bei so ziemlich allem

Und es sollte uns beide noch so oft die Panik packen: Wenn der Kleine einmal langsamer oder nicht regelmäßig atmete (so junge Babys atmen eben von Natur aus „periodisch“, das gibt sich von selbst), wenn er plötzlich jede Menge Pickel bekam (Neugeborenenakne, denn die Kleinen tragen noch Hormone von Mama in sich) oder wenn er aus dem Niesen nicht herauszukommen schien (Neugeborene niesen viel, um die Atemwege erstmals von störenden Partikeln zu befreien) oder … oder … oder … und.

Hilfe, „hungert“ unser Kind?

In den ersten Tagen nach der Geburt verlor unser Kleiner ziemlich viel an Gewicht (bei der Geburt wog der 56 Zentimeter lange Knabe knapp vier Kilogramm, seine „neue Zartheit“ erschreckte uns da). Die Kinderkrankenschwester klärte uns rasch auf und nannte die Ursache dafür: Die Umstellung vom Leben im warmen, geschützten Mutterleib auf die Bedingungen „draußen“ sind sehr anstrengend für den neuen, noch „hilflosen“ Erdenbürger und kosten ihn sehr viel Energie.

Er lernt seine Verdauung kennen und nimmt noch nicht viel Nahrung zu sich. Ich versinnbildliche mal: Der kleine Magen fasst am ersten Tag nach dem Erblicken des Lichtes der Welt nur etwa fünf bis maximal sieben Milliliter. Das ist in etwa so viel wie in eine große Glasmurmel hineinpassen würde. Es tat zwar gut, das alles von der Krankenschwester zu erfahren. Dennoch machte ich mir ein paar Tage lang echt Gedanken. Doch nicht nur deshalb.

Neugeborenengelbsucht – „Billy Rubin“

Ebenfalls in seinen ersten Lebenstagen hatte mein Junge gelblich verfärbte Haut, auch die Bindehaut in den Augen schimmerte nicht mehr so weiß wie anfangs. Grund für die sehr häufig auftretende Neugeborenengelbsucht ist die erhöhte Konzentration des Gallenfarbstoffes Bilirubin, der beim Abbau roter Blutkörperchen nach der Geburt entsteht. Kurz: Die kleine Leber hat hier also erst einmal voll zu tun, das Bilirubin eigenständig abzubauen. Im Mutterleib erfolgte das nämlich noch durch Mamas Plazenta.

Ich hatte – auch da – etwas Angst, nannte meinen Kleinen aber während dieser Zeit scherzhaft „Billy Rubin“, um der ganzen Sache zumindest ein klein wenig den Schrecken zu nehmen. Was half noch? Bei uns waren das tägliche, ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft und im Sonnenlicht sowie vor allem: ausgiebiges und häufiges Stillen (nein, Du kannst Dein Baby nicht zu oft stillen, und nein, es bedarf im Grunde keiner Pausen zwischen den „Stillsessions“ … und nein, Dein Baby muss nicht allein in seinem Zimmer und in seinem Bettchen … Ich schweife ab).

Verklebte Augen – kein Grund zur Panik

Die neugeborene Tochter einer Bekannten hatte in den ersten Tagen nach der Geburt stark verklebte Augen. Die Mama erinnert sich noch genau: „Ich bin deshalb damals halb panisch mit der Kleinen zum Kinderarzt gerannt – und am Ende war es halb so wild.“

Auch die Ursache hierfür war schnell erklärt: Während der Entbindung gelangen manchmal etwas Fruchtwasser oder Blut in die Babyaugen. Es staut sich dort dann etwas gelb- bis grünliches Sekret, das der kleine sogenannte Tränen-Nasen-Gang noch nicht ganz aufnehmen kann, da er meist noch nicht vollständig geöffnet ist. Auch dies ist also „normal“ und sollte sich nach ein paar Tagen von selbst geben; ansonsten tatsächlich den Pädiater aufsuchen.

Das gilt übrigens bei allen hier genannten Phänomenen, sollte sich keine Besserung einstellen. „Lieber einmal zu oft als zu spät“ ist dann eindeutig die bessere Devise.

Alles wird besser – wirklich

Bald neun Jahre und ein zweites „Baby“ später mache ich mir immer noch viele Gedanken. Ja – ich bin auch richtig besorgt dann und wann. Das wird wohl allen Eltern so gehen. Und enden wird das wohl auch nie. Doch zur Beruhigung aller, die gerade entbunden haben: Es wird besser werden und nicht mehr so existenzbedrohlich wirken. Im Laufe der Tage, Wochen, Monate wird mehr Entspannung in euer Leben eintreten – versprochen.

Von der 3a in die 3a: So meisterten wir den Grundschulwechsel

Nach dem Umzug von der Stadt raus aufs Land, musste der kleine Sohn unserer Autorin Anja ziemlich plötzlich die Schule wechseln. Wie sie das als Familie gemeinsam geschafft haben – und warum jetzt alle glücklicher damit sind – verrät sie uns hier.

Ganz schön plötzlich

Hilfe! Es ist mehr oder weniger unumgänglich: Nach unserem Umzug von der Großstadt aufs Land vor etwas über zwei Monaten muss unser Achtjähriger plötzlich in nicht einmal zwei Wochen, mit Beginn des zweiten Halbjahres nämlich, doch schon die Schule wechseln. Viel schneller als befürchtet.
Der arme Kerl, denke ich. Erst musste er seine gewohnte Umgebung zurücklassen – und jetzt auch noch seine Mitschüler? Großer Wermutstropfen: Wir leben nicht weit weg entfernt von unser alten „Heimat“, nur etwa 30 Kilometer … Wir kriegen das schon hin. Schritt für Schritt.

Lügen? Nein, danke …

Es ist Freitagmittag. Ich fahre in die Stadt, um P. von der Schule abzuholen. 25 Minuten Zeit zum Nachdenken für mich. Vor etwa einer Stunde kam der Anruf der neuen Grundschulrektorin. Sie teilte mir mit, unserem Antrag auf Verbleib auf der alten Schule könne „nicht so einfach“ entsprochen werden. Seitdem denke ich darüber nach, welche Hebel ich in Bewegung setzen könnte, um einen Wechsel zu verhindern.

Ich weiß: Es gibt da so einige „Tricks“, die man anwenden könnte. Aber: Welche Werte würden wir Eltern unserem Kind vermitteln, griffen wir auf Flunkereien oder gar gröbere Lügen zurück? P.s Papa ist ganz meiner Meinung.

„Ich weiß nicht, wie ich es Dir sagen soll …“

Ich parke und nehme meinen Drittklässler am Schultor in Empfang. Freudiger Hopserlauf bei ihm. Beim Einsteigen ins Auto sage ich ihm, dass ich leider Nachrichten hätte, die traurig, aber auch schön zugleich seien – und, dass ich nicht so recht weiß, wie ich es ihm sagen soll …

„Raus damit, Mama!“ Ein ernster Blick aus braunen Kulleraugen. Ich erzähle es ihm kindgerecht; seine Augen werden feucht, und er gibt mir zu verstehen, dass er das „so richtig blöd“ findet. Ja, ich auch.

Wir halten kurzerhand bei einem Imbiss, essen Pommes mit Ketchup, trinken Apfelsaft und reden. Wir überlegen gemeinsam dies und das, malen uns Dinge aus. P. wirkt beruhigter, als ich ihm erkläre, dass er seine Kumpels ja nach wie vor regelmäßig privat und beim Taekwondo sehen wird. Und seine liebe Klassenlehrerin werde ich fragen, ob wir sie einmal besuchen dürfen. (Sie wird übrigens später freudig einwilligen …)

„Coole Schule“

Vor der Jahreswende waren wir glücklicherweise bereits ein paar Mal zum Bolzen, Körbewerfen und Spielen auf dem Hof der neuen Grundschule. Ich erinnere mich, wie P. einmal zu mir sagte: „Mama, das ist eine ziemlich coole Schule. Hier wäre ich gern mit meinen Freunden.“

Zurück in die Gegenwart. In der Facebook-Gruppe unseres neuen Heimatortes frage ich nach, ob es dort Eltern gibt, deren Kids die hiesige Grundschule besuchen. Ich habe Glück, und es melden sich sogar etliche Menschen. Ich darf Fragen stellen, bekomme – natürlich umsonst und ungefragt – auch „Informationen“ über Lehrer, „bestimmte“ Schüler und deren Eltern.

„Frau H. ist toll!“

Ein paar Tage später: P. ist gut „angekommen“. Er erzählt, dass es zwei Kinder an der gesamten Schule gibt, die seinen Vornamen tragen. Und der andere sei sogar in seiner Klasse! Findet er „saucool“. Und er schwärmt von seiner neuen Klassenlehrerin.

Recht hat er, ich durfte sie beim Hinbringen am ersten Schultag bereits in Augenschein nehmen: Pudelmütze, Strickschal, Wollmantel, Leggings, gefütterte Chucks bis zur Wadenmitte.

Sie ist Anfang Dreißig, wirkt frisch und frech. Auf den ersten Blick also „genau meins“. Während unserer ersten Begegnung fragte mich Frau H. heiter, welche Noten denn auf P.s Zeugnis stünden. Ich so: „Gute bis befriedigende.“ Und sie so: „Prima!“ Im Ernst: Ich liebe sie jetzt schon.

Neue Freunde und ein Frühlingsfest

Zwei Monate später; es ist jetzt Anfang März. P. kommt aus der Schule, wir essen und reden über den Unterricht, aktuelle Geschehnisse. Scheinbar beiläufig frage ich: „Vermisst Du eigentlich Deine alte Schule noch sehr?“ Mein tapferer Drittklässler schüttelt den Kopf. „Mama, jetzt habe ich hier doch auch schon Freunde gefunden.“ Vor allem der Nachbarsjunge sei sehr wichtig für ihn geworden. P. zuckt mit den Schultern. „Den würde ich jetzt sehr vermissen.“

Spontan kommt uns eine feine Idee: Nächsten Monat wollen wir ein kleines Fest veranstalten, mit dem wir Frühjahr und Freundschaft feiern wollen: mit tollen Spielen, leckerem Essen – und jeder Menge Freude.