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Unsere Ängste als Erstlingseltern – und wie wir damit umgehen können

Als wir nach der Geburt unseres ersten Kindes von der Klinik nach Hause fuhren, brabbelte mein Mann leise (aber nicht leise genug) vor sich hin: „Hoffentlich kriegen wir den durch.“ Ich schaute auf unser gemeinsames Baby – und verstand den Papa sofort: so viel Liebe, so viel Nähe, so viel Angst … und das rund um die Uhr.

Panik, Panik, Panik – bei so ziemlich allem

Und es sollte uns beide noch so oft die Panik packen: Wenn der Kleine einmal langsamer oder nicht regelmäßig atmete (so junge Babys atmen eben von Natur aus „periodisch“, das gibt sich von selbst), wenn er plötzlich jede Menge Pickel bekam (Neugeborenenakne, denn die Kleinen tragen noch Hormone von Mama in sich) oder wenn er aus dem Niesen nicht herauszukommen schien (Neugeborene niesen viel, um die Atemwege erstmals von störenden Partikeln zu befreien) oder … oder … oder … und.

Hilfe, „hungert“ unser Kind?

In den ersten Tagen nach der Geburt verlor unser Kleiner ziemlich viel an Gewicht (bei der Geburt wog der 56 Zentimeter lange Knabe knapp vier Kilogramm, seine „neue Zartheit“ erschreckte uns da). Die Kinderkrankenschwester klärte uns rasch auf und nannte die Ursache dafür: Die Umstellung vom Leben im warmen, geschützten Mutterleib auf die Bedingungen „draußen“ sind sehr anstrengend für den neuen, noch „hilflosen“ Erdenbürger und kosten ihn sehr viel Energie.

Er lernt seine Verdauung kennen und nimmt noch nicht viel Nahrung zu sich. Ich versinnbildliche mal: Der kleine Magen fasst am ersten Tag nach dem Erblicken des Lichtes der Welt nur etwa fünf bis maximal sieben Milliliter. Das ist in etwa so viel wie in eine große Glasmurmel hineinpassen würde. Es tat zwar gut, das alles von der Krankenschwester zu erfahren. Dennoch machte ich mir ein paar Tage lang echt Gedanken. Doch nicht nur deshalb.

Neugeborenengelbsucht – „Billy Rubin“

Ebenfalls in seinen ersten Lebenstagen hatte mein Junge gelblich verfärbte Haut, auch die Bindehaut in den Augen schimmerte nicht mehr so weiß wie anfangs. Grund für die sehr häufig auftretende Neugeborenengelbsucht ist die erhöhte Konzentration des Gallenfarbstoffes Bilirubin, der beim Abbau roter Blutkörperchen nach der Geburt entsteht. Kurz: Die kleine Leber hat hier also erst einmal voll zu tun, das Bilirubin eigenständig abzubauen. Im Mutterleib erfolgte das nämlich noch durch Mamas Plazenta.

Ich hatte – auch da – etwas Angst, nannte meinen Kleinen aber während dieser Zeit scherzhaft „Billy Rubin“, um der ganzen Sache zumindest ein klein wenig den Schrecken zu nehmen. Was half noch? Bei uns waren das tägliche, ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft und im Sonnenlicht sowie vor allem: ausgiebiges und häufiges Stillen (nein, Du kannst Dein Baby nicht zu oft stillen, und nein, es bedarf im Grunde keiner Pausen zwischen den „Stillsessions“ … und nein, Dein Baby muss nicht allein in seinem Zimmer und in seinem Bettchen … Ich schweife ab).

Verklebte Augen – kein Grund zur Panik

Die neugeborene Tochter einer Bekannten hatte in den ersten Tagen nach der Geburt stark verklebte Augen. Die Mama erinnert sich noch genau: „Ich bin deshalb damals halb panisch mit der Kleinen zum Kinderarzt gerannt – und am Ende war es halb so wild.“

Auch die Ursache hierfür war schnell erklärt: Während der Entbindung gelangen manchmal etwas Fruchtwasser oder Blut in die Babyaugen. Es staut sich dort dann etwas gelb- bis grünliches Sekret, das der kleine sogenannte Tränen-Nasen-Gang noch nicht ganz aufnehmen kann, da er meist noch nicht vollständig geöffnet ist. Auch dies ist also „normal“ und sollte sich nach ein paar Tagen von selbst geben; ansonsten tatsächlich den Pädiater aufsuchen.

Das gilt übrigens bei allen hier genannten Phänomenen, sollte sich keine Besserung einstellen. „Lieber einmal zu oft als zu spät“ ist dann eindeutig die bessere Devise.

Alles wird besser – wirklich

Bald neun Jahre und ein zweites „Baby“ später mache ich mir immer noch viele Gedanken. Ja – ich bin auch richtig besorgt dann und wann. Das wird wohl allen Eltern so gehen. Und enden wird das wohl auch nie. Doch zur Beruhigung aller, die gerade entbunden haben: Es wird besser werden und nicht mehr so existenzbedrohlich wirken. Im Laufe der Tage, Wochen, Monate wird mehr Entspannung in euer Leben eintreten – versprochen.

Kindlicher Spracherwerb: So „korrigierst“Du „richtig“

Kein Kind spricht von Anfang an einwandfrei und korrekt. Aussprache, Bildung von Wörtern und Sätzen: Für die Kleinen ist das alles gar nicht so einfach. Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie sich Kids in Sachen Sprachgewandtheit weiterentwickeln – und das „fast von selbst“. Ein kleiner Bericht aus dem Alltag mit meinen beiden Jungs.

„Mama, P. hat gelügt!“ Mein Fünfeinhalbjähriger kommt angerannt. Mann, ist der schon wieder auf hundertachtzig. Ich atme tief durch, straffe die Schultern. Denke noch so: Uff, der ist aber sowas von in Phase drei (von drei) der (früh-)kindlichen Sprachentwicklung. Und murmele mein mir mühsam antrainiertes Mantra vor mich hin: Es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur …

Blickkontakt zum Wribbel aufbauen
„Na, womit hat er denn gelogen?“, höre ich mich ruhig sagen und schaue ihm dabei tief in die Augen. Mit dem soeben aufgebauten Blickkontakt signalisiere ich dem Bengelchen: Ich bin bereit für unsere Kommunikation. Ja, fein, schau auf meinen Mund, ahme meine Lippenposition nach.
K. zupft spielerisch an meinem Ärmel, während er seinem Ärger Luft macht. „P. hat gesagt, draußen ist der Weihnachtsmann, aber der ist da gar nicht. Also hat der gelogen!“ Auf jeden Fall. Das hat der wohl.
„Der Weihnachtsmann. Na sowas. Im Februar!“ Ich zwinkere meinem Söhnchen verschwörerisch zu. Lachend hüpft er davon. „Mama sagt, Du lühüüügst!“ Ähm … (Mist).

Mit „verbesserter Rückmeldung“ klappt’s
Was ich da gerade getan habe, nennt sich im Fachjargon übrigens „Corrective Feedback“ (etwa: „verbesserte Rückmeldung“): Ganz beiläufig korrigiere ich K.s kleine sprachliche Unstimmigkeit, indem ich sie noch einmal „richtig“ wiederhole. Eine ziemlich schlaue Methode, finde ich. Und vor allem ist sie ziemlich unauffällig.
Wie oft höre ich auf der Straße eine Mutter oder einen Vater das Kind auf folgende Weise „korrigieren“: „Schatz, das heißt nicht ‚gelügt‘, sondern ‚gelogen‘.“ Und finde das ziemlich schade. Denn: Wäre ich das Kleine, fühlte ich mich wenigstens ein bisschen wie vor den Kopf gestoßen. Und mal ehrlich: Wer von uns wird schon gern neunmalklug verbessert?

Babysprache? Nein, danke …
Während ich diesen Text schreibe, kommt mir etwas in meinen Augen Bedeutsames in den Sinn: Ich erinnere mich plötzlich genau, wie meine Mutter mit mir sang. Einfach so, manchmal zwischen Tür und Angel, spielerisch und lustig „auf dem Sprung“, auf der Zielgeraden zum Kindergarten oder zum Klavierunterricht. Irgendwelche Dallereien – auch, um mir gute Laune zu machen. Und wie sie mit mir sprach, als ich noch sehr klein war. Sie verwendete keine „Babysprache“ (à la „Nane haben?“). Alles Banane, Du Pflaume.
Mama redete quasi „auf Augenhöhe“, aber in klarer, verständlicher Sprache mit mir und meinen Geschwistern.
Diese Art des Ausdrucks ist im übrigen etwas, das ich mir wohl bis heute beibehalten habe – sowohl beim Sprechen als auch beim Schreiben: Ich möchte „verstanden“ werden. (Danke, Mama!)

Blick- und Sprachkontakt von Anfang an
Liebe Mama da draußen, erinnerst Du Dich noch daran, wie Du mit Deinem Baby schwanger warst? Wie Du schon von Beginn an mit ihm gesprochen hast? Oder als es dann geboren war und Du sogleich mit ihm kommuniziertest? Ein Blick, ein Lächeln, ein kleines Glucksen – und schon hattest Du Deine Rückmeldung, nicht wahr? Ein verbales und nonverbales Ping-Pong – und so ein schönes!
Und, lieber Papa, was warst Du im Erste-Worte-Himmel als Dein Kleines zum ersten Mal sein „Dadada“ oder „Mamama“ vor sich hin brabbelte … !
Worauf will ich hinaus? Im Grunde ist es ganz einfach: Alles braucht seine Zeit und ist Teil der menschlichen Entwicklung. Gib Deinem Kind – und Dir selbst – den nötigen Raum und vor allem: die Geduld.
Denke daran: DU – Mama oder Papa – bist ohnehin sein ganzes „Universum“ – und eben auch sein Sprachvorbild.

Keine Vergleiche mit anderen Kindern
Was Du auf keinen Fall tun solltest, nicht im Spracherwerb und auch überhaupt sonst nie: Deinen Sohn oder Deine Tochter mit einem anderen Kind oder anderen Kindern vergleichen. No-Go: ihn oder sie auslachen, wenn es zu kleinen linguistischen – wenn vielleicht auch wirklich lustigen – Irrungen und Wirrungen kommt. (Ich weigere mich, von „Fehlern“ zu sprechen. Ist Sprache wirklich immer so logisch? Ausnahmen bestätigen die Regel? Eben … )
Was dem einen Kind vielleicht nichts weiter ausmacht, kann dem anderen so richtig Lust und Laune am Sprechen verderben und es sogar vollends demotivieren.

Lesen, lesen und nochmals lesen …
Aber weißt Du, was dagegen richtig gut kommt und jede Menge Spaß bereitet? Du ahnst es wahrscheinlich schon: vorlesen. Leider kommt das in so vielen Familien zu kurz.
Also: einfach machen, möglichst jeden Abend vor dem Schlafengehen. Vorlesen ist eine der bedeutendsten Methoden überhaupt, um Dein Kind sprachlich zu fördern. Rede im Anschluss mit ihm über die gelesene – bitte unbedingt altersgerechte! – Geschichte, denkt euch noch etwas dazu.
Du wirst Dich wundern, wie sehr es die Fantasie und Kreativität Deines Kindes nicht nur für diese kurze Kleinkinderzeit, sondern für alle Zeit beeinflussen und beflügeln wird. Macht es euch schön und gemütlich, kuschelt – Vitamin „Liebe“ für Dein Kind und für Dich.

„Mamaaa, P. hat schon wieder gelogen!“ Na bitte, sag ich doch. Alles zu seiner Zeit … Aber jetzt reicht’s mir mit dem Streit! (Oh, das reimt sich!)

Wenn Kids flunkern

Dein Kind hat hinter Deinem Rücken klammheimlich die Schokolade aus dem Schrank gemopst und dann auch noch behauptet, es nicht gewesen zu sein – mit diesem zuckersüßen Lächeln auf dem Gesicht? Das kommt mir bekannt vor: Meine beiden Söhne sind im August dieses Jahres fünf und acht Jahre alt geworden und flunkern auch, dann und wann. Bleibt locker, aber dennoch wachsam.

Am Abend: „Reingelegt mit Klopapier, eine Rolle schenk ich Dir!“ Mein Fünfjähriger hüpft aufgeregt um mich herum, der Schalk blitzt ihm aus den Augen.

Was ist passiert? Vor etwa einer Minute noch rief er: „Mama, hinter Dir steht ein Elch, wirklich!“ Ein Elch, hier. Ah! Ich verstehe: Der Piefke will mich vereimern. Na fein, dann spielen wir mal mit. „Wo?!“, rufe ich ebenfalls und drehe mich dabei hektisch um. Und dann ertönt es eben laut: „Reingelegt mit Klopapier … !“

K. freut sich diebisch, dass er es offensichtlich geschafft hat, seine Mama aufs Korn zu nehmen. Jetzt will es natürlich auch P. wissen. „Mama, guck mal, da draußen ist ein Storch!“ und zeigt aus dem Fenster. Na gut. Dann wollen wir mal … „Wo!?“ Ich. „Reingelegt mit Klopapier, eine Rolle schenk‘ ich Dir!“ Ich schlage mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Danke“, sage ich gespielt, aber betont würdevoll, „fürs Klopapier. Kann man immer gut gebrauchen.“ Die Knirpse lachen sich scheckig.

Vorletzten Samstag: Wir sitzen bei der Schwägerin an der Kaffeetafel. Sie fragt unseren Achtjährigen: „Die Ferien sind ja fast vorbei. Freust Du Dich auf die Schule?“ Ich weiß die Antwort: Und wie! Die sechs Wochen waren zwar schön, aber doch ziemlich lang … „Nö!“ Vehement schüttelt das Kind plötzlich den Kopf. Hm? „Wie? Du vermisst Deine Freunde gar nicht?“ Meine Schwägerin wundert sich doch sehr. Erneut: „Nö!“ Der lügt doch!

Lügen: eine Frage der Entwicklung
Bereits kleinen Kindern scheint das Lügen so richtig viel Spaß zu machen. Und auch ich bekomme mit, wenn meine Jungs flunkern – finde es aber ehrlich gesagt (noch) nicht so schlimm. Vorwürfe, ermahnende Diskussionen oder Schlimmeres sind da in meinen Augen wenig nutzbringend. Denn was tun die lieben Kleinen (und Größeren), die betraft werden, erfahrungsgemäß? Genau: noch mehr und heftiger lügen – aus Angst zum Beispiel. Ich versuche also, zunächst einmal den Grund fürs Flunkern herauszubekommen, denn irgendeine Absicht steckt nun mal hinter diesem Verhalten.

Wie denken andere darüber? In den sozialen Netzwerken frage ich ein paar Erwachsene, wie sie dem Thema „Lügen“ in ihrer Familie gegenüberstehen. Anne (43) aus Münster sagt: „Moralisch betrachtet finde ich Lügen auf der Erwachsenenebene schlimm. Kinderlügen messen wir meiner Meinung nach aber zu viel Gewicht bei; immerhin muss der Mensch im Laufe seines Lebens auch erst einmal lernen zu lügen. Dafür müssen wir unseren Kleinen den Raum geben.“

Das Spiel mit der Wahrheit
Eine Frage der Entwicklung also? Definitiv; darüber sind sich auch Kinder- und Jugendpsychiater einig: Das Spielen mit der Wahrheit gehört eben zur kindlichen Entwicklung. Ich lese noch einmal nach: nämlich, dass Kinder bis zu ihrem vierten Lebensjahr zwischen wahr und falsch sowieso noch keine klare Trennung ziehen können. Sie fantasieren, übertreiben, spielen mit imaginären Freunden … Das ist doch wunderbar, finde ich, und überhaupt kein Grund zur Sorge.

Mit etwa sechs Jahren, also im Vorschul- und frühen Schulalter, erlangen Kinder die Fähigkeit, komplexere Situationen zu überschauen und abzuschätzen: Wie kann ich die Wahrheit verändern? Was passiert, wenn ich einfach behaupte, mir bereits die Hände gewaschen zu haben? Das ist natürlich absolut harmlos und ohne jedwede böse Absicht. Würde aber zum Beispiel einer meiner Söhne dauerhaft falsch angeben, schon seine Zähne vorgeputzt zu haben, würde ich wieder konsequent mit dabei zu sitzen, bis ich wieder „sicher“ bin: Sie tun es auch wirklich. Denn hier geht es um etwas „Essenzielles“: Karies ist sowohl kurz- als auch langfristig wirklich richtig doof. (Und nebenbei erkennen die Kinder im übrigen, dass Wahrheit mit Vertrauen zu tun hat …)

Wo sind die Grenzen?
Der 43-jährige Sven lebt in der Nähe von Leipzig; er sagt dazu: „Ich habe zwar keine Kinder, glaube aber, dass sie flunkern/lügen, weil sie die Welt erforschen und verändern möchten.“
Und genau das ist es: Stück für Stück mehr Erfahrung mit dem Leben und der Welt sammeln, Antworten finden auf die Frage: Was ist „erlaubt“ und was nicht? Wo sind meine Grenzen, wo die der anderen?

„Für die Kleinen sind Begrifflichkeiten wie Lüge und Wahrheit noch keine festen Größen, es sind dehnbare Werte. Das Verstehen von Richtig und Falsch, von Lüge und Wahrheit muss sich erst langsam herausbilden“, fasst es Hubertus (55) aus Quakenbrück noch einmal prima zusammen. „Man kann einem Dreijährigen nicht das Verständnis abverlangen, das sich ein Zehnjähriger gerade so erarbeitet hat.“

Doreen, 49, aus Hamburg bespricht deshalb alles vis-à-vis mit ihren vier Kindern im Alter von sieben bis 17 Jahren – auch das Thema Unehrlichkeit. Und je nach Alter immer auf verschiedenem Niveau. „Meine Jungs und Mädels wissen: Menschen sind aus verschiedenen Gründen unehrlich: aus Unsicherheit, Höflichkeit. Ob kleine oder große Lügen: Sie helfen nun einmal auf lange Sicht nicht, wirklich etwas zu verändern. Wir vermitteln unseren Kindern: Ehrlichkeit kann Schmerzen verursachen; es ist aber immer noch besser als zu flunkern – zumal aus einem Geflunker auch schnell eine fette Lüge erwachsen kann, die schlimme Konsequenzen mit sich bringen kann, sowohl für den Lügner als auch für den Belogenen.“

Die sechsköpfige Familie redet offen über den Wert von Aufrichtigkeit und Vertrauen „und die Wertschätzung, die es bedeutet.“ Darf ich also der Oma sagen, dass ihr Geburtstagsgeschenk mir überhaupt nicht gefallen hat? „Ja!“, findet Doreen. „Aber bitte wertschätzend.“

Offenheit von Anfang an
Wie ist es aber beispielsweise mit Lügen, die anderen Kindern schaden? „Die sollte man auf keinen Fall mit einem Augenzwinkern abtun“, meldet sich die 44-jährige Grundschullehrerin Maike aus Bochum zu Wort. „Hier sollte das Kind zur Rede gestellt werden. Lehrer und Erziehungsberechtigte müssen erklären, dass man mit seinen Mitmenschen so nicht umgehen darf. Dazu bedarf es einer idealerweise bereits im Elternhaus vermittelten Offenheit in solchen Dingen.“

Sonja, 35 Jahre alt, aus München, hinterfragt zur Zeit tatsächlich ihr eigenes Verhalten: „Als ich einmal herausfand, dass mein achtjähriger Sohn für mein Empfinden und über einen längeren Zeitraum schlimm gelogen hatte, fragte ich ihn, warum er mir denn nicht gleich am Anfang die Wahrheit gesagt habe. Er begann das Weinen und erwiderte, er habe Angst vor Bestrafung gehabt und sich eben deshalb nicht getraut. Es wüteten wohl einige Dämonen in seinem Kopf … Da habe ich natürlich geschluckt und mich gefragt: War ich sonst zu streng? Ich versuche jetzt konsequent, meinem Kleinen zu vermitteln, dass er mir wirklich alles sagen darf und kann.“

Auch der 51-jährige Oldenburger Torsten sammelte in der Vergangenheit so manche negative Erfahrung mit dem sensiblen Thema: „Wenn meine Tochter damals log, beunruhigte mich das. Denn sie tat es aus Angst davor, Fehler oder Missgeschicke zuzugeben. Aus meiner Sicht war die Furcht unbegründet, es gab ja keine Strafen oder Gemecker, Fehler sind doch menschlich. Gleichwohl hat sie oft gelogen … Das hat sich inzwischen mit jetzt 18 Jahren gelegt.“

Alles braucht also seine Zeit – findet auch Hubertus – und hat gleich ein prima Schlusswort für diesen Text parat: „Lasst den Kindern doch erst mal ihre Sicht auf die Dinge, ihre Zeit zum Lernen und Verstehen ist schon kurz genug.“