Umziehen kann ganz schön anstrengend sein – vor allem dann, wenn Kinder mit von der Pack-Partie sind. Sortieren, Schleppen, Streichen. Einfach alles steht herum, die zu verlassende Bude versinkt im Karton-Chaos. Die Kleinen rennen umher und bauen „sportliche Parcours“ aus Matratzen, Bettbrettern und Krimskrams. Stolperfallen für Mama und Papa – höchstwahrscheinlich gerade mit Karton im Arm – garantiert. Wie so ein Auszug trotzdem und überwiegend spielerisch gelingt – darüber schreibe ich hier.
„Mama, wir bauen ein Haus aus leeren Umzugskartons, okay?“, brüllt der Achtjährige vom Erdgeschoss aus durch die Bude. „Geht klar!“, plärre ich zurück aus dem OG – und freue mich insgeheim, dass die beiden mir mit dem Aufbau der sperrigen Dinger sogar ein bisschen Arbeit abnehmen. „Ihr könnt so viele nehmen, wie ihr wollt!“
Als ich etwa eine Dreiviertelstunde später nach unten komme, staune ich nicht schlecht: Da steht doch tatsächlich ein Iglu aus zahlreichen hellbraunen Kartons. Einfach toll – gestapelt wie Stein auf Stein. Ich beuge mich nach unten und schaue neugierig in den Eingang: Da hocken die beiden Zwerge auf einer dunkelbraunen Kuscheldecke mit Laternen-Leuchtstäben ohne Laternen, Getränken und Keksen.
Häuschen aus Klötzchen? Aus Kartons!
Der Fünfjährige strahlt. „Wie findest du unser neues Kartonhaus, Mama?“ Die ist natürlich hellauf begeistert, klatscht in die Hände und erwidert grinsend: „Na, dann können wir doch eigentlich gleich hier einziehen, was? In unser kleines Häuschen im Haus. Dann muss ich aber gucken, wie ich meinen Hintern da rein bekomme.“ Die Jungs kichern, krabbeln aus ihrer Bude und rennen fröhlich drum herum. „Jaaa!“ Die Idee finden sie natürlich toll.
Mich persönlich erinnert das Haus ja an ein Märchen aus dem alten slowakischen Kinderbuch „Häuschen aus Klötzchen“. Hach – da werden Erinnerungen wach. Bratislava-Assoziation einer jetzt inzwischen (fast) Erwachsenen: Wälder, Weingüter, Karpaten. Na, liebe Eltern? Das wäre doch jetzt mal was oder? Oh. Ich schweife ab …
Es wird anders, aber schön anders
Ein paar Tage später sieht es hier schon ganz anders aus: Möbel sind zum Teil auseinander gebaut; die Kartons stapeln sich – nicht mehr ganz so fröhlich und nicht mehr leer. In etwa zwei Wochen werden Wohnort und Haus mit Garten anders sein, weniger Garten (immer noch groß), mehr Platz im Haus. „Endlich ein eigenes Zimmer für mich“, freut sich P. schon lange, der sich noch ein Zimmer mit seinem kleinen Bruder teilt.
Wir haben das Glück, dass wir nicht weit weg ziehen – quasi aus der Stadt an den Rand. Der Drittklässler wird weiterhin seine Grundschule und das Vorschulkind seinen Kindergarten besuchen können.
„Jetzt wird es langsam wirklich ernst, Mama. Jetzt fühle ich richtig, dass wir umziehen.“ P. lässt das Chaos auf sich wirken und schaut mich nachdenklich an. „Irgendwie bin ich so aufgeregt.“ Klar. Kann ich verstehen. Ich ziehe ihn an mich. „Geht mir auch so.“ Mensch, Mist, fällt mir jetzt nicht noch was Kluges, eine Art Binsenweisheit ein … ? Ah, ja, ich hab‘ was! „Aber Veränderung kann sehr schön sein, mein Schatz!“
Ein Paar Kinder-Augenbrauen ziehen sich zusammen. Okay, das mit dem Aufmuntern hat jetzt nicht zu einhundert Prozent geklappt. Aber das muss es ja auch nicht: Denn was drückt das Wort „Veränderung“ vor allem aus? Genau: Es wird eben etwas anders werden.