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Leichen im Keller

Also, ich bin ja der Meinung, dass jeder Politiker so seine Leichen im Keller hat – nicht nur der böse Wulff. Ich frage mich nur, wieso man das so sagt: Leichen im Keller haben. Das klingt doch ganz schön gruselig, und vorstellen möchte man sich so etwas auch nicht bildlich.

Natürlich habe ich recherchiert und bin dem Gebrauch dieser Redewendung auf den Grund gegangen:  Jemand, der eine Leiche im Keller hat, hat etwas zu verbergen oder trägt eine Schuld mit sich herum – soviel ist schonmal klar. Und woher stammt der Spruch nun? Früher durften Menschen ungetaufte Verstorbene nicht beerdigen lassen – zumindest nicht auf katholischen Friedhöfen. Was tat man nun aber, wenn beispielsweise kleine Kinder verstarben, die noch ohne den „feuchten Segen Gottes“ waren? Man ließ sie im Elternhaus – oft im Keller – weil hier selten jemand hereinkam und weil die Körper (so grausam das klingen mag) sich hier besser zersetzen konnten.

Wie gut, dass man diese Redewendung heute tatsächlich nur noch sprichwörtlich verwendet – und der Herr Wulff ganz bestimmt keine echten Kadaver in seinem Keller beherbergt … 😉

Im  Stasi-Museum Berlin-Hohenschönhausen

 

Der Orkan im Wasserglas

Alle Welt redet derzeit vom großen, bösen Wulff. Es wird ein richiger Orkan daraus gemacht. Zu recht oder zu unrecht? Da scheiden sich die Geister, Politiker, Medien und anderen Wesen. Ich selbst würde daraus vielleicht eher einen Sturm machen, einen Sturm im Wasserglas. Aber darunter? Darunter würde ich dann doch nicht gehen. Denn ein Kavaliersdelikt ist das nicht, was der liebe Christian da so alles verzapft hat. Dennoch denke ich: Es gibt doch wirklich Schlimmeres. Warum beschäftigt sich das Land nicht mit wichtigeren Dingen?

Was mich als Sprachwissenschaftlerin (die ich ja auch bin) im Augenblick viel mehr interessiert, ist der sprichwörtliche Sturm im Wasserglas. Die Redewendung bezieht sich ja bekanntermaßen auf ein Ereignis, um das man ein großes Trara macht. Sie geht zurück auf Charles de Montesquieu. Der französische Schriftsteller beschrieb im 18. Jahrhundert die politischen Unruhen in San Marino in Honoré de Balzacs Erzählung „Der Pfarrer von Tours“ als (frei übersetzt) „einen Sturm im Wasserglas“. In Deutschland wurde der Ausdruck 1930 durch eine gleichnamige Komödie des Schriftstellers Bruno Frank bekannt.

Aber letztlich ist es ganz egal, worum es sich handelt: um einen Orkan oder einen Sturm. Das Wasserglas wird wohl noch eine ganze Weile vibrieren in der Affäre Wulff.

Die lobe ich mir: Stilvolle Gläser. So ganz ohne Wirbelsturm oder Orkan – und vielleicht mit einem edlen Tropfen darin.

Bismarck mit Zahnlücke und Sommersprossen

Regelmäßige Leser des Magazins Stern dürften ihn kennen – und wenn nicht ihn selbst, so doch zumindest seine Cartoons: Gotthard-Tilmann Mette, kurz: Til Mette. Der Cartoonist, Maler und Buchautor verzeichnet Themen aus Gesellschaft und Politik auf witzige bis skurrile Weise. Oft verarbeitet der 55-Jährige dabei aktuelle Ereignisse aus aller Welt. 2009 erhielt er für seine Werke den Deutschen Karikaturpreis in Gold. Til Mette studierte Geschichte und Kunst in Bremen, heute lebt er mit seiner Frau in den USA. Ich habe mich mit dem Künstler über sein Leben und Schaffen unterhalten.

Herr Mette, wie kamen Sie zum Cartoonzeichnen, und wann wurde aus dem Hobby Beruf?
In der Schule habe ich oft meine Schulbücher vollgekritzelt, Bismarck zum Beispiel eine Zahnlücke und Sommersprossen und Hitler ein paar Schläfenlöckchen verpasst. Erste Cartoons habe ich in Schülerzeitungen veröffentlicht, später als Student dann in alternativen Stadtzeitungen. Ich finde am Cartoonzeichnen toll, dass man schon mit einer Zeichnung fertig ist. Noch nie in meinem Leben habe ich einen Comic gezeichnet. Da würden mir nach dem ersten Bild der Geschichte schon die Ideen ausgehen.

Haben Sie auch Lehrgänge oder Schulungen fürs Zeichnen absolviert?
Nein, ich war immer Autodidakt. Und das sieht man meinen Zeichnungen auch an. Vor fünfzehn Jahren beschwerten sich viele Stern-Leser über meinen wackelig-krakeligen Strich. Das höre ich heute nicht mehr, obwohl es immer noch wackelt und krakelt. Ich bin meinem Redakteur sehr dankbar, dass er mich einfach hat machen lassen.

Sie zeichnen Gesellschaftskritisches. Haben Politik und Wirtschaft Sie schon immer interessiert?
Menschen interessieren mich – und damit vielleicht auch Wirtschaft und Politik. Andere Zeichner kümmern sich um lustige Mäuse und Bären oder Pinguine. Ich mag Tiere nicht besonders, höchstens in freier Wildbahn – oder als Kotelett. Mir gefällt, wenn der Leser mithilft, den Witz zu entwickeln, wenn er mitdenkt. Deshalb zeichne ich auch eher kompliziertere Cartoons. Manchmal ist mein Humor den Lesern zu schwarz, aber meist kommt er gut an.

2009 haben Sie den Deutschen Karikaturenpreis in Gold gewonnen. Wie war das für Sie?
Ich wurde ein paar Wochen nach der Jurysitzung angerufen. Man sagte mir, dass ich einer der Preisträger bin und damit auch zur Verleihung nach Dresden fahre. Ich saß dann im Dresdener Schauspielhaus in der dritten Reihe neben meiner Frau und habe mich sehr über den ersten Preis gefreut.

Haben Sie Vorbilder in Sachen Cartoonzeichnen?
Ja, zum Beispiel Leo Cullum. Das war ein amerikanischer Cartoonist, der leider im vergangenen Jahr verstorben ist. Er war ein unglaublich witziger Zeichner. Ich habe ein paar Bücher von ihm und habe ihn immer bewundert. Vorbilder erleichtern einem auch die Arbeit, weil man sich an ihnen orientieren kann. Da sollte man aber nicht nur ein Vorbild haben, sondern eine ganze Reihe. Zum Beispiel sind meine Vorbilder für bekloppte Sportarten heterosexuelle Synchronschwimmer.

Sie haben auch das Thema Weihnachten verzeichnet. Wie stehen Sie persönlich zum Fest?
Wenn Sie Kinder haben, kommen Sie gar nicht um Weihnachten herum. Und so war das ja auch, als ich Kind war. Es ist eine schöne Familientradition.
Ich wünsche allen ein tolles Jahr 2012!

Karrikaturist Til Mette

Auf ein Neues …

Liebe Leser!

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Der Wecker klingelt, 2012 ist angebrochen. Zunächst einmal wünsche ich allen ein glückliches, aufregendes und gesundes Jahr!

Nach drei Wochen sitze ich wieder an meinem geliebten Schreibtisch. Ein schönes Gefühl ist das, wieder zu Hause zu sein. Und doch bin ich seltsam melancholisch. So wie immer, wenn ich etwas hinter mir lasse – das Jahr 2011 oder eben eine Reise. Ich hänge den jüngsten Erinnerungen nach, denen an das Land des Lächelns.

Noch am Morgen des 30. Dezembers 2011 stehe ich in roten Flip-Flops an einem fernen Thailändischen Strand. Longtail-Boote tuckern auf dem Wasser, drahtige Thais schleppen Anglerzubehör umher. Es ist sieben Uhr am Morgen. Abschied nehmen ist angesagt – vom Meer, von Ebbe und Flut, von Tom Ka Ga und den wohl freundlichsten Menschen der Welt. Es sind gemischte Gefühle, die ich habe. Traurig bin ich aber nicht, denn ganz sicher werde ich wiederkommen. Es gibt noch so wahnsinnig viel zu entdecken … Meine Eindrücke und Erlebnisse werde ich natürlich wieder mit euch teilen. Fotos wird es auch zu sehen geben. Habt noch ein wenig Geduld, ich muss erst einmal ankommen und Luft holen.

Herzlich,
Coralita

Glücksmoment – gesehen irgendwo in Thailand.

Ein glücklicher Tag

Kürzlich ist mein neues Buch „Glückssache“ im polamedia Verlag erschienen. Die wieder einmal sehr bunte Anthologie umfasst Essays, Kurzgeschichten und Gedichte sowie Fotografien der schönsten, melancholischsten und glücklichsten Art. Einige trainieren auch die Lachmuskulatur – und das nicht zu knapp! Und so manche lassen auch ein Tränchen sprießen … Meine Geschichte – Ein glücklicher Tag – möchte ich hier mit euch teilen – natürlich nicht ohne den Hinweis, dass ihr das Buch auch kaufen könnt, nämlich HIER. Vielleicht sucht ihr ja noch ein Weihnachtsgeschenk. Danke für eure Aufmerksamkeit! 🙂

Das Cover zum Buch „Glückssache“ – Klick auf das Bild öffnet Verkaufslink

Ein glücklicher Tag

Der Wecker schrillt. Es ist sieben Uhr dreißig. Und wieder ist ein neuer Tag angebrochen. Das geht so schnell. Viel zu schnell, wenn man mich fragt. Tut man wohl aber nicht. Und selbst wenn: Es würde ja doch nichts ändern. Ich könnte mich auf den Kopf stellen oder sonst etwas tun. Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, den Wecker an die Wand zu werfen, damit er mich niemals wieder so unsanft weckt. Ich höre schon das Scheppern. Sehr wahrscheinlich aber würde ich mir damit nur ein Eigentor schießen, denn irgendwer muss schließlich den ganzen Schrott wieder einsammeln und wegwerfen. Und das würde dann wohl ich sein. Also, wie auch immer: Augen zu und durch. Die Bettdecke zurückgeschlagen – und brrr, prompt wieder eingekuschelt. Mann, ist das kalt da draußen! Und noch so ungemütlich dunkel. Herbst eben. Eigentlich ist das gar keine Zeit, um aus dem Bett zu steigen. Ich suche nach weiteren Ausreden, murre, um dann doch meinen inneren Schweinehund zu überwinden und aufzustehen.

So arbeite ich denn von früh bis spät, bin viel unterwegs. Habe hier ein Gespräch, dort einen Termin. Und ein Pressefoto muss ich auch machen. Und schon ist es Mittag. Zwischen zwei Terminen geht es schnell nach Hause. Ein bisschen ausruhen, danach zwei oder drei Artikel schreiben. Und ein paar andere Geschichten liegen auch noch in der „Pipeline“. Aber: Arbeit muss sein, zum Glück macht sie mir Spaß. Und also schreibe ich, als gäbe es kein Morgen! Natürlich stimmt das nicht immer. Gerade zum Beispiel schreibe ich ein Wort ganze drei Mal hintereinander – aus Versehen natürlich – und fluche leise vor mich hin. Wo bleibt die Konzentration? Wohl immer noch nicht ganz wach. Gähnen. Tatsache.
Keine Lust auf Mittagessen. Hunger habe ich aber. Hastig stopfe ich mir eine Scheibe Vollkornbrot mit Käse in den Mund, etwas Ketchup drauf. Lecker. Und noch eine Stulle. Hab ich wohl doch Lust. Ich nippe am heißen Kaffee. Verbrenne mir die Lippen. Mist! Schreibe weiter. Noch ein Wort, noch eine Phrase – mühsam nährt sich die Journalistin. Grinse triumphierend und setze mich aufrecht hin: Hahaa, Artikel eins ist fertig, der zweite folgt auf dem Fuße. Ja! Geschafft! Dann schaffe ich bestimmt auch noch einen dritten heute! Na, wollen mal nicht übertreiben, immerhin wartet noch ein Buch darauf, lektoriert zu werden. Blick aus dem Fenster des Arbeitszimmers. Dort draußen in einem großzügigen Gehege lebt unser Hausrehbock Heinrich. Die Vermieter kümmern sich um ihn, seit seine Mutter im Frühjahr von einem Auto überfahren wurde. Sie haben ein großes Herz. Heinrich galoppiert staunend herum: Jede Menge Bäume, viel Platz, noch sattes Grün – zumindest bis zum Winter. Dann wird er sicher eine Krippe bekommen. Winterromantik baut sich in meinem Kopf auf. Ich sehe Lichterketten und einen Kamin vor mir, trage bequeme Kuschelsocken und gehe im Schnee spazieren … Oh Gott, ich glaube, ich brauche schon wieder eine Pause. Anscheinend funktioniert mein Hirn nicht richtig.

Vierzehn Uhr. Neuer Kaffee, neues Glück: Ich habe Lust auf eine Reportage über Indien. Über einen Tag im chaotischen und lauten Delhi, über die Zeit, die dort nie stillzustehen scheint und überhaupt ganz relativ ist. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Reise: einen Monat Nordindien. Vieles habe ich gesehen: fremde Menschen und ihr Leben, die stolzen Sikh mit ihren wunderschönen, farbenfrohen Turbanen, unzählige Tempel, das Riesenmausoleum Taj Mahal, den Himalaya … Das ist erst einige Wochen her, aber es ist noch ganz präsent in meinem Kopf … Ich beginne zu träumen und schlafe fast ein. Das Fenster muss auf, frische Herbstluft rein. Aaaah, tut das gut. Das nenne ich mal Sauerstoff! Diese Luft gibt es nicht in Indien. Und auch nicht in Mexiko oder Afrika … Ja, zu Hause ist es wohl doch am schönsten.

Es ist nach achtzehn Uhr. Eigentlich müsste ich mich noch an das Buch wagen … Oh. Der Süße kommt nach Hause. Ich springe auf und renne ihm entgegen. Ein bisschen müde sieht er aus. Ein harter Tag? Er nickt. Gut, ich mache auch Feierabend. Wir kuscheln uns ein bisschen aneinander, reden über unseren Tag getrennt voneinander, aber in Gedanken doch nah beieinander.
Achtzehn Uhr dreißig: Es wird langsam dunkel hier auf dem Land. Der Liebste und ich gehen joggen – an einem Fluss entlang, der sich liebevoll „Hase“ nennt – und bis zu einem Ort, der Quakenbrück heißt. Sein Wahrzeichen: ein Frosch. Ich muss laut lachen. Zuvor haben wir lange in Berlin gelebt, dies hier ist jetzt unsere neue Heimat … Schön ist sie, die Landschaft, und eigentlich hat sie eine Hommage in Literaturform verdient. In Gedanken produziere ich einen Bildband … Eine Stunde laufen wir, dann geht es zurück nach Hause.

Fast zwanzig Uhr. Wir kochen uns etwas Schönes: ein Steak mit grünen Bohnen. Wir reden und lassen noch einmal den Tag Revue passieren.
Einundzwanzig Uhr: Ich schnappe mir ein Buch, den neuen und total spannenden Jussi Adler-Olsen. Mit dem dänischen Thriller marschiere ich ins Badezimmer, lasse die Wanne volllaufen, zünde mir Kerzen an. Ich tauche in das heiße, nach Fichtennadeln duftende Wasser ein. Nichts geht über ein Gesundheitsbad! Auf dem Hocker neben der Wanne steht ein Glas Rioja. Der Liebste schaut im Wohnzimmer ein Fußballspiel mit seiner Lieblingsmannschaft. Plötzlich jubelt er. Da ist wohl gerade ein Tor gefallen! In meinem Buch geht es ans Eingemachte! Ich versinke bis über beiden Ohren im Wasser und ziehe entsetzt die Augenbrauen hoch. Mann, ist das spannend! Ich erschrecke mich total, als der Süße mit seinem Bier ins Bad kommt, um mit mir anzustoßen. Wasser spritzt umher, er wird nass, wir lachen. Dreiundzwanzig Uhr fünfzehn: Wir gehen ins Bett, kuscheln uns in die bunte Bieberbettwäsche ein, lesen noch ein bisschen. Der Liebste verschlingt die Seiten eines Buchs von Frederic Forsyth. Er sieht so konzentriert, richtig sexy dabei aus. Ich grinse und denke nach über das, was ich hier gerade vor meiner Nase habe: reines Glück. Ich möchte nichts verändern an meinem Leben. Es ist wunderschön so, wie es gerade ist. Ich brauche nicht weiter über das Glück nachzudenken, weil es direkt neben mir liegt.