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Unsere Ängste als Erstlingseltern – und wie wir damit umgehen können

Als wir nach der Geburt unseres ersten Kindes von der Klinik nach Hause fuhren, brabbelte mein Mann leise (aber nicht leise genug) vor sich hin: „Hoffentlich kriegen wir den durch.“ Ich schaute auf unser gemeinsames Baby – und verstand den Papa sofort: so viel Liebe, so viel Nähe, so viel Angst … und das rund um die Uhr.

Panik, Panik, Panik – bei so ziemlich allem

Und es sollte uns beide noch so oft die Panik packen: Wenn der Kleine einmal langsamer oder nicht regelmäßig atmete (so junge Babys atmen eben von Natur aus „periodisch“, das gibt sich von selbst), wenn er plötzlich jede Menge Pickel bekam (Neugeborenenakne, denn die Kleinen tragen noch Hormone von Mama in sich) oder wenn er aus dem Niesen nicht herauszukommen schien (Neugeborene niesen viel, um die Atemwege erstmals von störenden Partikeln zu befreien) oder … oder … oder … und.

Hilfe, „hungert“ unser Kind?

In den ersten Tagen nach der Geburt verlor unser Kleiner ziemlich viel an Gewicht (bei der Geburt wog der 56 Zentimeter lange Knabe knapp vier Kilogramm, seine „neue Zartheit“ erschreckte uns da). Die Kinderkrankenschwester klärte uns rasch auf und nannte die Ursache dafür: Die Umstellung vom Leben im warmen, geschützten Mutterleib auf die Bedingungen „draußen“ sind sehr anstrengend für den neuen, noch „hilflosen“ Erdenbürger und kosten ihn sehr viel Energie.

Er lernt seine Verdauung kennen und nimmt noch nicht viel Nahrung zu sich. Ich versinnbildliche mal: Der kleine Magen fasst am ersten Tag nach dem Erblicken des Lichtes der Welt nur etwa fünf bis maximal sieben Milliliter. Das ist in etwa so viel wie in eine große Glasmurmel hineinpassen würde. Es tat zwar gut, das alles von der Krankenschwester zu erfahren. Dennoch machte ich mir ein paar Tage lang echt Gedanken. Doch nicht nur deshalb.

Neugeborenengelbsucht – „Billy Rubin“

Ebenfalls in seinen ersten Lebenstagen hatte mein Junge gelblich verfärbte Haut, auch die Bindehaut in den Augen schimmerte nicht mehr so weiß wie anfangs. Grund für die sehr häufig auftretende Neugeborenengelbsucht ist die erhöhte Konzentration des Gallenfarbstoffes Bilirubin, der beim Abbau roter Blutkörperchen nach der Geburt entsteht. Kurz: Die kleine Leber hat hier also erst einmal voll zu tun, das Bilirubin eigenständig abzubauen. Im Mutterleib erfolgte das nämlich noch durch Mamas Plazenta.

Ich hatte – auch da – etwas Angst, nannte meinen Kleinen aber während dieser Zeit scherzhaft „Billy Rubin“, um der ganzen Sache zumindest ein klein wenig den Schrecken zu nehmen. Was half noch? Bei uns waren das tägliche, ausgedehnte Spaziergänge an der frischen Luft und im Sonnenlicht sowie vor allem: ausgiebiges und häufiges Stillen (nein, Du kannst Dein Baby nicht zu oft stillen, und nein, es bedarf im Grunde keiner Pausen zwischen den „Stillsessions“ … und nein, Dein Baby muss nicht allein in seinem Zimmer und in seinem Bettchen … Ich schweife ab).

Verklebte Augen – kein Grund zur Panik

Die neugeborene Tochter einer Bekannten hatte in den ersten Tagen nach der Geburt stark verklebte Augen. Die Mama erinnert sich noch genau: „Ich bin deshalb damals halb panisch mit der Kleinen zum Kinderarzt gerannt – und am Ende war es halb so wild.“

Auch die Ursache hierfür war schnell erklärt: Während der Entbindung gelangen manchmal etwas Fruchtwasser oder Blut in die Babyaugen. Es staut sich dort dann etwas gelb- bis grünliches Sekret, das der kleine sogenannte Tränen-Nasen-Gang noch nicht ganz aufnehmen kann, da er meist noch nicht vollständig geöffnet ist. Auch dies ist also „normal“ und sollte sich nach ein paar Tagen von selbst geben; ansonsten tatsächlich den Pädiater aufsuchen.

Das gilt übrigens bei allen hier genannten Phänomenen, sollte sich keine Besserung einstellen. „Lieber einmal zu oft als zu spät“ ist dann eindeutig die bessere Devise.

Alles wird besser – wirklich

Bald neun Jahre und ein zweites „Baby“ später mache ich mir immer noch viele Gedanken. Ja – ich bin auch richtig besorgt dann und wann. Das wird wohl allen Eltern so gehen. Und enden wird das wohl auch nie. Doch zur Beruhigung aller, die gerade entbunden haben: Es wird besser werden und nicht mehr so existenzbedrohlich wirken. Im Laufe der Tage, Wochen, Monate wird mehr Entspannung in euer Leben eintreten – versprochen.

Sexismus und Co.: So vermitteln „Jungseltern“ ihren Kids den respektvollen Umgang mit Mädchen und Frauen

Für ein Online-Parenting-Magazin beschäftigte ich mich mit einem etwas „heiklen“ Thema – und zwar diesem hier: „Wie lehre ich meine Jungs einen respektvollen Umgang mit dem weiblichen Geschlecht?“ Puh. Darüber könnte ich – Mama zweier kleiner Jungs im Alter von bald neun und bald sechs Jahren – ganze Fachbücher schreiben. Doch musste ich mich leider auf eine Kolumne beschränken. Et voilà – hier ist sie.

Ehrlich gesagt finde ich das oben benannte Thema sowas von schwierig und komplex, dass ich mich dazu erst einmal in den sozialen Medien umhören „muss“. Meine eigene Meinung? Jaja, die habe ich natürlich auch. Sie kommt auch, warte ein bisschen.

Das familiäre Vorbild ist wichtig“
Heike, eine tolle Frau Mitte fünfzig und Mutter eines inzwischen erwachsenen Sohnes, antwortet mir prompt: „Ich glaube, das Allerwichtigste ist das familiäre Vorbild.“ Und genauer? „Wie gehen Männer und Frauen miteinander um? Das ist das Entscheidende.“ Ja. Das leuchtet ein oder? Und es erinnert mich an unseren eigenen, familieninternen Umgang miteinander. Wir Eltern leben zu Hause „relativ gleichberechtigt“. Okay, ich kümmere mich etwas mehr und häufiger um die Buben und arbeite selbst halbtags (vormittags), um nachmittags eben genau das tun zu können: mich intensiv mit meinen Jungs beschäftigen.

Mädchen tun dies, Jungs das? Macht und Verantwortung
Lernen meine „Männerchen“ daraus, das eine Mama sowas „eben so tut“? Ich denke: Ja, das kann gut sein. Na und? Ich finde es nicht schlimm oder gar „besorgniserregend“. Warum auch? Ich kann es nicht mit einhundertprozentiger Sicherheit sagen, aber: Ich als Kind der DDR kam früh in die Krippe, wurde erst gegen fünf Uhr am Frühabend wieder abgeholt. Ich kannte es nicht anders, aber ich bin überzeugt, dass genau das etwas (leider nicht allzu viel Gutes) mit mir und meinem Selbstwertgefühl gemacht hat. Doch das ist wieder eine andere Geschichte. Ich jedenfalls wollte es „anders“ machen – und behielt meine Jungs bis zum Einläuten des „Kindergartenzeitalters“ daheim. Ob das „richtig“ war? Ja, davon bin ich überzeugt (ICH, ihr müsst gar nix, okay? Wie sagt man so schön: Jeder nach seiner Façon. Finde ich in Bezug auf dieses Thema jetzt zwar NICHT, aber egal). Auch das ist wohl ein Thema für sich und hat mit dem Thema „Sexismus“ nur bedingt zu tun.

Die größten Sexisten sind Frauen“
Frank – Vater vierer Kinder, darunter zweier Jungs – ist Ende fünfzig und denkt wie folgt: „Sexismus ist sogar herrlich, wenn man in einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter ist und darüber lachen kann. Die größten Sexisten sind übrigens Frauen untereinander … Doch sie geben das nur selten zu. Der echte, eher ’niederträchtige‘ Sexismus kommt seltener vor. In unserer Familie spricht das vor allem meine Frau sofort an. Wir warnen die Kids davor, dem schlechten Beispiel zu folgen. Meist handelt es sich jedoch nicht um aktuelle Themen, sondern um Beispiele, Handlungen oder Wörter aus der Vergangenheit, die gelegentlich angeschwemmt werden.“ Gleichberechtigt, gleich behandelt, gleich … gesinnt? Ich finde: Machen wir doch bitte kein Drama draus … jedenfalls nicht hier (okay, gleich viel verdienen, daraus schon …).

Kein Gedöns draus machen“
Auch ein Mann ohne Kinder meldet sich zu Wort. „Ich glaube, man sollte kein Gedöns draus machen“, schreibt Günter K. „Die Kinder bekommen das schon mit und fragen. Ich finde, dass Erwachsene dann korrekt nüchtern und sachlich antworten sollten.“ Nüchtern? Weiß ich nicht. Rotwein wäre gut (haha). Aber sachlich? Ja, da bin ich für. Aber jetzt mal ganz im Ernst: Ich gehe an dieser Stelle ganz bewusst nicht ins Detail und versuche, etwas „Schönes“ entstehen zu lassen. Seid mir da bitte nicht gram.

Wie „handhabe“ ich das?
Schluss mit dem Herumdrucksen und weit ausholen. Also: Ich persönlich ziehe meine Jungs mit dem Gedanken an all die kleinen Mädchen all der anderen Frauen groß. Eben, weil ich als doppelte Jungsmama irgendwie die „Macht“ und gleichzeitig die Verantwortung habe, ein Antrieb für einen Wandel in der Gesellschaft zu sein – für eine, die das weibliche Geschlecht stärker wertschätzt. Und hätte ich (ein oder mehrere) Mädchen? Würde ich das Gleiche umgekehrt tun. Hä? Ist doch klar: Weil ich eigentlich nicht „Jungen“ oder „Mädchen“ erziehe, sondern … Menschen. Oder? Oder was? Ich wünsche mir JETZT und HIER eigentlich nur Eines: ein generell (!) respekt- und liebevolles Miteinander – egal, ob weiblich oder männlich. (Mensch!)

Von der 3a in die 3a: So meisterten wir den Grundschulwechsel

Nach dem Umzug von der Stadt raus aufs Land, musste der kleine Sohn unserer Autorin Anja ziemlich plötzlich die Schule wechseln. Wie sie das als Familie gemeinsam geschafft haben – und warum jetzt alle glücklicher damit sind – verrät sie uns hier.

Ganz schön plötzlich

Hilfe! Es ist mehr oder weniger unumgänglich: Nach unserem Umzug von der Großstadt aufs Land vor etwas über zwei Monaten muss unser Achtjähriger plötzlich in nicht einmal zwei Wochen, mit Beginn des zweiten Halbjahres nämlich, doch schon die Schule wechseln. Viel schneller als befürchtet.
Der arme Kerl, denke ich. Erst musste er seine gewohnte Umgebung zurücklassen – und jetzt auch noch seine Mitschüler? Großer Wermutstropfen: Wir leben nicht weit weg entfernt von unser alten „Heimat“, nur etwa 30 Kilometer … Wir kriegen das schon hin. Schritt für Schritt.

Lügen? Nein, danke …

Es ist Freitagmittag. Ich fahre in die Stadt, um P. von der Schule abzuholen. 25 Minuten Zeit zum Nachdenken für mich. Vor etwa einer Stunde kam der Anruf der neuen Grundschulrektorin. Sie teilte mir mit, unserem Antrag auf Verbleib auf der alten Schule könne „nicht so einfach“ entsprochen werden. Seitdem denke ich darüber nach, welche Hebel ich in Bewegung setzen könnte, um einen Wechsel zu verhindern.

Ich weiß: Es gibt da so einige „Tricks“, die man anwenden könnte. Aber: Welche Werte würden wir Eltern unserem Kind vermitteln, griffen wir auf Flunkereien oder gar gröbere Lügen zurück? P.s Papa ist ganz meiner Meinung.

„Ich weiß nicht, wie ich es Dir sagen soll …“

Ich parke und nehme meinen Drittklässler am Schultor in Empfang. Freudiger Hopserlauf bei ihm. Beim Einsteigen ins Auto sage ich ihm, dass ich leider Nachrichten hätte, die traurig, aber auch schön zugleich seien – und, dass ich nicht so recht weiß, wie ich es ihm sagen soll …

„Raus damit, Mama!“ Ein ernster Blick aus braunen Kulleraugen. Ich erzähle es ihm kindgerecht; seine Augen werden feucht, und er gibt mir zu verstehen, dass er das „so richtig blöd“ findet. Ja, ich auch.

Wir halten kurzerhand bei einem Imbiss, essen Pommes mit Ketchup, trinken Apfelsaft und reden. Wir überlegen gemeinsam dies und das, malen uns Dinge aus. P. wirkt beruhigter, als ich ihm erkläre, dass er seine Kumpels ja nach wie vor regelmäßig privat und beim Taekwondo sehen wird. Und seine liebe Klassenlehrerin werde ich fragen, ob wir sie einmal besuchen dürfen. (Sie wird übrigens später freudig einwilligen …)

„Coole Schule“

Vor der Jahreswende waren wir glücklicherweise bereits ein paar Mal zum Bolzen, Körbewerfen und Spielen auf dem Hof der neuen Grundschule. Ich erinnere mich, wie P. einmal zu mir sagte: „Mama, das ist eine ziemlich coole Schule. Hier wäre ich gern mit meinen Freunden.“

Zurück in die Gegenwart. In der Facebook-Gruppe unseres neuen Heimatortes frage ich nach, ob es dort Eltern gibt, deren Kids die hiesige Grundschule besuchen. Ich habe Glück, und es melden sich sogar etliche Menschen. Ich darf Fragen stellen, bekomme – natürlich umsonst und ungefragt – auch „Informationen“ über Lehrer, „bestimmte“ Schüler und deren Eltern.

„Frau H. ist toll!“

Ein paar Tage später: P. ist gut „angekommen“. Er erzählt, dass es zwei Kinder an der gesamten Schule gibt, die seinen Vornamen tragen. Und der andere sei sogar in seiner Klasse! Findet er „saucool“. Und er schwärmt von seiner neuen Klassenlehrerin.

Recht hat er, ich durfte sie beim Hinbringen am ersten Schultag bereits in Augenschein nehmen: Pudelmütze, Strickschal, Wollmantel, Leggings, gefütterte Chucks bis zur Wadenmitte.

Sie ist Anfang Dreißig, wirkt frisch und frech. Auf den ersten Blick also „genau meins“. Während unserer ersten Begegnung fragte mich Frau H. heiter, welche Noten denn auf P.s Zeugnis stünden. Ich so: „Gute bis befriedigende.“ Und sie so: „Prima!“ Im Ernst: Ich liebe sie jetzt schon.

Neue Freunde und ein Frühlingsfest

Zwei Monate später; es ist jetzt Anfang März. P. kommt aus der Schule, wir essen und reden über den Unterricht, aktuelle Geschehnisse. Scheinbar beiläufig frage ich: „Vermisst Du eigentlich Deine alte Schule noch sehr?“ Mein tapferer Drittklässler schüttelt den Kopf. „Mama, jetzt habe ich hier doch auch schon Freunde gefunden.“ Vor allem der Nachbarsjunge sei sehr wichtig für ihn geworden. P. zuckt mit den Schultern. „Den würde ich jetzt sehr vermissen.“

Spontan kommt uns eine feine Idee: Nächsten Monat wollen wir ein kleines Fest veranstalten, mit dem wir Frühjahr und Freundschaft feiern wollen: mit tollen Spielen, leckerem Essen – und jeder Menge Freude.

Faces in Times of Corona (oder: Gesichter und Geschichten einer Pandemie)

„Liebe Anja“, beginnt meine Münsteraner Freundin Anne Knoke ihre Widmung im selbst gestalteten und herausgegebenen Bildband „Faces in Times of Corona“, „hier ist es nun, das Buch dieser merkwürdigen Zeit …“
Dann folgen sehr persönliche Worte an und für mich, aber „merkwürdige Zeit“ trifft es. Trifft mich. Und das immer wieder, wenn ich ernsthaft darüber nachdenke.

„Was bewegt Dich?“
„Als Corona anfing …“, lautet Annes erster Satz, wenn sie einen Interviewpartner für ihr Fotoprojekt „Faces in Times of Corona“ vor die Kamera holt. Sie lässt die Protagonisten dann eigenständig diesen Satz beenden – und drückt dabei ein paar Mal auf den Auslöser. Auf den nächsten Satz, auf die nächsten Worte folgt der nächste Shoot – und manchmal sprudelt es dann förmlich aus den Menschen heraus.
„Die ersten Gesprächspartner kamen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, später auch aus anderen Städten und Regionen Deutschlands.“ Die essentiellen Fragen an alle Teilnehmenden: Wie geht es Dir jetzt in der Pandemie-Zeit? Was machst Du, was bewegt Dich?

„Ich wusste: Es wird eine langwierige Sache“
Gedanken und Gefühle, Sorgen und Ängste, Beklemmungen und Hoffnungen: All die möchte Anne gern erfahren und in Wort und Bild für die Zukunft festhalten: „Ich dachte mir Anfang des Jahres 2020 schon, dass das eine langwierige Sache wird“, schreibt sie mir im Chat. „Und jetzt haben wir bald März 2022 …“ Ich spüre ihr Achselzucken förmlich und bis hierher. Sie ahnte es bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem viele andere noch an ein recht kurzes „Ende mit Schrecken“ glaubten.

Ihre wunderbaren Interviews und berührenden Fotografien postet Anne anfangs in den sozialen Medien und auf ihrer Website. Sie nennt die Serie „Faces in Times of Corona“, wörtlich übersetzt: Gesichter in Zeiten von Corona.
Die Resonanz auf das Projekt ist sehr gut, immer mehr Menschen möchten der inzwischen 43-Jährigen gern Rede und Antwort – und vor allem: Porträt – stehen. So viele Interviews und Bilder kommen auf diese Weise zusammen, dass die Mutter dreier Kinder beschließt, alle in einem Buch zusammenzuführen und vor allem die Fotografien wirken zu lassen – neben einzelnen aussagekräftigen Zitaten. Anne dokumentiert zunächst einmal ab März 2020 und bis Mai 2021 – über ein Jahr Pandemie.

Christoph, Clown und Pantomime

„Entweder, es erwischt mich … oder nicht.“
Während ich das Buch durchblättere, um hier mal mehr und dort noch mehr hängenzubleiben, stelle ich wieder einmal fest: Menschen sind so vielschichtig wie das Leben selbst – ihr Erscheinungsbild, offensichtliche Charaktere, Ansichten …

Esther ist psychologische Psychotherapeutin. Sie weiß um die seelische Not mancher Menschen in Zeiten von Corona. „Ich habe von Anfang an schon mit Schrecken daran gedacht, was das für soziale Folgen haben wird. Und das scheint sich jetzt zu bewahrheiten. Inzwischen rufen immer mehr Menschen an, denen es aufgrund der Pandemie wirklich entsetzlich geht. Die überhaupt nicht damit zurecht kommen, weil sie … keinerlei Kontakte mehr haben, sich verlassen und verloren fühlen … vor allem auf der emotionalen Ebene.“ Die Badbergerin spricht von zunehmender häuslicher Gewalt, überlasteten Jugendämtern und überforderten Lehrern.

Esther, psychologische Psychotherapeutin

„Was mich wirklich besorgt“ schreibt hingegen Designerin Diana, „ist die zunehmende Härte und soziale Kälte, die ich on- und leider auch manchmal offline beobachte.“
Und Pantomime und Krankenhausclown Christoph, hat keine Angst vor Corona. „Entweder, es erwischt mich … oder es erwischt mich nicht. Da bin ich recht unbedarft. Aber ich möchte natürlich einfach weiter leben.“

Amy, Schülerin

„Es wird mehrere Generationen dauern, bis sich die Menschheit von der Pandemie erholt hat“
Anne Knoke lässt in dem knapp einhundert Bilder und etwas über fünfzig Interviewpartner umfassenden Werk auch Kinder zu Wort kommen – so zum Beispiel Schülerin Amy: „Als das angefangen hat, hatte ich mega Angst, dass meine Eltern sich anstecken und sterben.“

Der zwölfjährige Viggo – Annes ältester Sohn – erzählt ziemlich resigniert: „Durch die Vereinsamung ist das Leben bei vielen kaputt. Deswegen glaube ich, dass es auch beim Miteinander mehrere Generationen dauern wird, bis sich die Menschheit da komplett von erholt hat … Jetzt sind alle deprimiert und vereinsamt und vor allem verschlossen. Da muss es erstmal einen Neuanfang geben.“

Viggo, Schüler und Sohn von Anne Knoke

Anne sagt, während des Interviews habe Viggo auch geweint. Welche Mutter lässt das kalt … ? Allein bei der Vorstellung, mein „großer“ Achtjähriger würde derartig weise, traurige Worte von sich geben, steigen mir wirklich die Tränen in die Augen.

Ehrlich gesagt habe ich lange überlegt, mit welchem Ende ich diesen Blog-Artikel versehen soll. Und komme zu dem Schluss: Es gibt kein wirklich passendes. Alles noch „Open End“, nicht wahr?
An dieser Stelle nur ein kleiner Appell: Lest die vollständigen Interviews gerne nach; ihr findet sie auf Annes Website www.trugbild.net. Und kauft ihr Buch, es lohnt sich. (Kontakt: bild@trugbild.net)
Danke, liebe Anne, für diese an- und berührende Dokumentation. Ich lieb‘ Dich, nicht nur dafür.

Kindlicher Spracherwerb: So „korrigierst“Du „richtig“

Kein Kind spricht von Anfang an einwandfrei und korrekt. Aussprache, Bildung von Wörtern und Sätzen: Für die Kleinen ist das alles gar nicht so einfach. Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie sich Kids in Sachen Sprachgewandtheit weiterentwickeln – und das „fast von selbst“. Ein kleiner Bericht aus dem Alltag mit meinen beiden Jungs.

„Mama, P. hat gelügt!“ Mein Fünfeinhalbjähriger kommt angerannt. Mann, ist der schon wieder auf hundertachtzig. Ich atme tief durch, straffe die Schultern. Denke noch so: Uff, der ist aber sowas von in Phase drei (von drei) der (früh-)kindlichen Sprachentwicklung. Und murmele mein mir mühsam antrainiertes Mantra vor mich hin: Es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur ein kleiner Junge, es ist nur …

Blickkontakt zum Wribbel aufbauen
„Na, womit hat er denn gelogen?“, höre ich mich ruhig sagen und schaue ihm dabei tief in die Augen. Mit dem soeben aufgebauten Blickkontakt signalisiere ich dem Bengelchen: Ich bin bereit für unsere Kommunikation. Ja, fein, schau auf meinen Mund, ahme meine Lippenposition nach.
K. zupft spielerisch an meinem Ärmel, während er seinem Ärger Luft macht. „P. hat gesagt, draußen ist der Weihnachtsmann, aber der ist da gar nicht. Also hat der gelogen!“ Auf jeden Fall. Das hat der wohl.
„Der Weihnachtsmann. Na sowas. Im Februar!“ Ich zwinkere meinem Söhnchen verschwörerisch zu. Lachend hüpft er davon. „Mama sagt, Du lühüüügst!“ Ähm … (Mist).

Mit „verbesserter Rückmeldung“ klappt’s
Was ich da gerade getan habe, nennt sich im Fachjargon übrigens „Corrective Feedback“ (etwa: „verbesserte Rückmeldung“): Ganz beiläufig korrigiere ich K.s kleine sprachliche Unstimmigkeit, indem ich sie noch einmal „richtig“ wiederhole. Eine ziemlich schlaue Methode, finde ich. Und vor allem ist sie ziemlich unauffällig.
Wie oft höre ich auf der Straße eine Mutter oder einen Vater das Kind auf folgende Weise „korrigieren“: „Schatz, das heißt nicht ‚gelügt‘, sondern ‚gelogen‘.“ Und finde das ziemlich schade. Denn: Wäre ich das Kleine, fühlte ich mich wenigstens ein bisschen wie vor den Kopf gestoßen. Und mal ehrlich: Wer von uns wird schon gern neunmalklug verbessert?

Babysprache? Nein, danke …
Während ich diesen Text schreibe, kommt mir etwas in meinen Augen Bedeutsames in den Sinn: Ich erinnere mich plötzlich genau, wie meine Mutter mit mir sang. Einfach so, manchmal zwischen Tür und Angel, spielerisch und lustig „auf dem Sprung“, auf der Zielgeraden zum Kindergarten oder zum Klavierunterricht. Irgendwelche Dallereien – auch, um mir gute Laune zu machen. Und wie sie mit mir sprach, als ich noch sehr klein war. Sie verwendete keine „Babysprache“ (à la „Nane haben?“). Alles Banane, Du Pflaume.
Mama redete quasi „auf Augenhöhe“, aber in klarer, verständlicher Sprache mit mir und meinen Geschwistern.
Diese Art des Ausdrucks ist im übrigen etwas, das ich mir wohl bis heute beibehalten habe – sowohl beim Sprechen als auch beim Schreiben: Ich möchte „verstanden“ werden. (Danke, Mama!)

Blick- und Sprachkontakt von Anfang an
Liebe Mama da draußen, erinnerst Du Dich noch daran, wie Du mit Deinem Baby schwanger warst? Wie Du schon von Beginn an mit ihm gesprochen hast? Oder als es dann geboren war und Du sogleich mit ihm kommuniziertest? Ein Blick, ein Lächeln, ein kleines Glucksen – und schon hattest Du Deine Rückmeldung, nicht wahr? Ein verbales und nonverbales Ping-Pong – und so ein schönes!
Und, lieber Papa, was warst Du im Erste-Worte-Himmel als Dein Kleines zum ersten Mal sein „Dadada“ oder „Mamama“ vor sich hin brabbelte … !
Worauf will ich hinaus? Im Grunde ist es ganz einfach: Alles braucht seine Zeit und ist Teil der menschlichen Entwicklung. Gib Deinem Kind – und Dir selbst – den nötigen Raum und vor allem: die Geduld.
Denke daran: DU – Mama oder Papa – bist ohnehin sein ganzes „Universum“ – und eben auch sein Sprachvorbild.

Keine Vergleiche mit anderen Kindern
Was Du auf keinen Fall tun solltest, nicht im Spracherwerb und auch überhaupt sonst nie: Deinen Sohn oder Deine Tochter mit einem anderen Kind oder anderen Kindern vergleichen. No-Go: ihn oder sie auslachen, wenn es zu kleinen linguistischen – wenn vielleicht auch wirklich lustigen – Irrungen und Wirrungen kommt. (Ich weigere mich, von „Fehlern“ zu sprechen. Ist Sprache wirklich immer so logisch? Ausnahmen bestätigen die Regel? Eben … )
Was dem einen Kind vielleicht nichts weiter ausmacht, kann dem anderen so richtig Lust und Laune am Sprechen verderben und es sogar vollends demotivieren.

Lesen, lesen und nochmals lesen …
Aber weißt Du, was dagegen richtig gut kommt und jede Menge Spaß bereitet? Du ahnst es wahrscheinlich schon: vorlesen. Leider kommt das in so vielen Familien zu kurz.
Also: einfach machen, möglichst jeden Abend vor dem Schlafengehen. Vorlesen ist eine der bedeutendsten Methoden überhaupt, um Dein Kind sprachlich zu fördern. Rede im Anschluss mit ihm über die gelesene – bitte unbedingt altersgerechte! – Geschichte, denkt euch noch etwas dazu.
Du wirst Dich wundern, wie sehr es die Fantasie und Kreativität Deines Kindes nicht nur für diese kurze Kleinkinderzeit, sondern für alle Zeit beeinflussen und beflügeln wird. Macht es euch schön und gemütlich, kuschelt – Vitamin „Liebe“ für Dein Kind und für Dich.

„Mamaaa, P. hat schon wieder gelogen!“ Na bitte, sag ich doch. Alles zu seiner Zeit … Aber jetzt reicht’s mir mit dem Streit! (Oh, das reimt sich!)